Liedermacher: Der zarte Kraftprotz

Konstantin Wecker gastiert nach 20 Jahren wieder in Düsseldorf und präsentiert sich mit frischer Wut und tiefem Gefühl.

Düsseldorf. Schon lange vor seinem Auftritt in Düsseldorf hatte Konstantin Wecker für Stimmung in der Stadt gesorgt mit seinem Lied „Die Damen von der Kö“. Zu deren besonderen Eigenschaften gehört laut dem Liedermacher „zu viel Geld im Portemonnö“, „geliftet auch ihr Herz, im Hirn nichts als Müll“ und natürlich tragen sie „Pelz, wenn’s sein muss im August“. Nun spielte Wecker das Stück zum ersten Mal live in der Düsseldorfer Tonhalle, zwei Kilometer vom Ort der Handlung entfernt. Bei seinen Fans kam das Stück prächtig an, und überhaupt: „Überall ist die Kö für Verblödötö“.

Wecker macht bereits mit den ersten Songs klar: Er ist immer noch ein Querkopf, Grantler und notorischer Weltverbesserer, ganz wie vor zwanzig Jahren, als er das letzte Mal in der Tonhalle auf der Bühne stand.

Wecker hat sich aber auch gewandelt, er ist kein frustrierter Altlinker, seine Wut auf Banker, Börsianer und Politiker ist frisch. „Ich bin ein ewiger Fluss“, sagt er und gesteht scheinbar schamhaft, dass er sich in Angela Merkel verliebt hat. Genauer gesagt, in ihr Lächeln. Das geziemt sich natürlich nicht für einen Revoluzzer, aber so ist Konstantin Wecker halt: Aufrichtig bezieht er Stellung bis auf die nackte Haut, immer mit einer kraftvollen Geste und oft mit einem Zwinkern.

Möglicherweise hat er sich damit sogar ein neues Tätigkeitsfeld eröffnet. Als sein Song über den Freiherrn zu Guttenberg eingespielt war, trat der umgehend zurück, sagt er. Falls nun auch die Kanzlerin vorzeitig abtreten sollte, will Wecker wieder aktiv werden: „Ich kann Politiker wegsingen“, ist sein Angebot an das Publikum.

Aber neben allem Protest und aller Wut gibt es auch noch den poetischen Liedermacher Wecker, der Bertolt Brechts Liebesgedichte singt und seine Gier nach Leben zum Ausdruck bringt. Der ebenso tief- wie starrsinnig ist und zugleich zärtlich und anmutig sein kann. Die Chansons, die Wecker auf Italienisch und mit deftigem bayerischen Akzent singt, sind besonders kraftvoll geraten.

Zwei Stunden lang rührt Wecker das Publikum an und vor allem auf. Die Zuhörer sind in der sehr gut gefüllten Tonhalle so begeistert, dass der Liedermacher eine volle Stunde Zugaben spielen muss. Sein persönliches Fazit des Abends singt Wecker jedoch gleich zu Beginn: „Zwischen Zärtlichkeit und Wut tut das Leben manchmal richtig gut.“

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