Hot Hot Heat: Zurück in der Unabhängigkeit

Den Plattenvertrag beim Branchenriesen Warner sind die Musiker los. Trotzdem machen sie weiter einfallsreichen Indierock.

Jeder Neuanfang birgt Chancen: Die kanadischen Hot Hot Heat sind ihren Plattenvertrag mit Warner los und starten nun von vorn - als Indierock-Quartett im Dienste eines kleinen Labels. Bei Dine Alone Records haben bereits Genre-Lieblinge wie Tokyo Police Club und Attack in Black eine Heimat gefunden.

Der Abschied vom Branchenriesen, der ihre letzten beiden Alben finanziert hatte, konnte das Selbstbewusstsein von Frontmann Steve Bays nicht erschüttern. Wieso auch? "Es war das erste Mal, dass wir die Zuversicht hatten, keinen Produzenten, Arrangeur und auch kein Plattenlabel um Meinung und Hilfe fragen zu müssen", so der Frontmann und Sänger der Band.

Zurück zu den Wurzeln also: Statt in Absprache mit externen Mitgestaltern konnte das Kollektiv sein viertes Werk "Future Breeds" im Do-it-yourself-Verfahren aufnehmen. Ähnlich wie anfangs, vor rund zehn Jahren, in Victoria/British Columbia, als sich Hot Hot Heat langsam formierten.

Steve Bays saß damals noch am Keyboard. Für ihn sang Matthew Marnik, ein Freund der Band. Auch stilistisch waren Hot Hot Heat anders ausgerichtet: Bevor 2001 Gitarrist Dante DeCaro dazustieß, pflegte man noch ungehobelten Synthiepunk. Dann kam der Wandel. Bays riss das Mikro an sich und DeCaro brachte Rock in den Sound. Einflüsse der klassischen Beatles- und Stones-Musik mischten sich mit Elementen aus Punkrock und Folk. Ausgiebige Touren durch Kanada und die USA brachten die Band ins Gespräch und lockten das Indielabel Sub Pop an.

2002 erschienen dann die ersten offiziellen Veröffentlichungen von Hot Hot Heat: Der EP "Knock Knock Knock" folgte das Debüt "Make Up The Breakdown", produziert von Jack Endino, der bereits den Sound von Label-Kollegen wie Nirvana und Soundgarden verfeinerte. Radio wie auch MTV spielten Songs wie "Bandages" und "Talk to Me, Dance With Me" in Schwindel erregender Rotation, und trotz des kommerziell absehbaren Erfolgs verließ DeCaro die Band, um bei den Kollegen von Wolf Parade anzuheuern.

Die erste Platte für Warner, "Elevator" (2005), veredelte er zwar noch schnell mit geschrammelten Riffs und gezupften Passagen. Doch der Nachfolger "Happiness Ltd." (2007) litt dann ohne ihn regelrecht und klang bemühter.

Inzwischen sind Hot Hot Heat mit Steve Bays (Keyboard, Gesang), Paul Hawley (Schlagzeug), Luke Paquin (Gitarre) und Dustin Hawthorne (Bass) wieder komplett. Im eigenen Studio hat sich die Band in den vergangenen zwei Jahren auf künstlerische Weiterentwicklung konzentriert und Ordnung ins Chaos gebracht. Anders als Musiker, die das Privileg genießen, von einem Stammproduzenten begleitet zu werden, praktizierten Bays und Co. für "Future Breeds" selbstständige Handarbeit.

"Wir bevorzugen es, jede einzelne Idee auf den Tisch zu legen und so lange mit ihr zu spielen, bis wir alle freudig abklatschen", erklärt Bays. Dass das Ergebnis so hörenswert ausgefallen ist und in seiner Authentizität gleichsam an die Wucht des ersten Albums erinnert, demonstriert eine neue Reife der Band. "Mit weniger Einschränkungen und besseren technischen Möglichkeiten konnten wir mehr Überraschungen und Wendungen anstreben."

Und das hört man: "Future Breeds" ist purer Rock’n’Roll mit eingängigen Melodien. Anarchistisch in seiner Haltung, erlaubt es sich auch mal, disharmonisch im Gesang und instrumental schräg zu sein - was eher an britischen als an US-amerikanischen Indierock erinnert. Fans wird es freuen, denn Hot Hot Heat sind nicht nur zurück und in der Bahn, sondern besser und einfallsreicher als je zuvor. Eben ein gelungener Neuanfang.

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