Wie steht es um die Zukunft der deutschen Theater?

Mannheim (dpa) - Um gute Stücke auf die Bühne zu bringen, sollten sich die deutschen Theater aus Sicht des Dramaturgen Christian Holtzhauer stärker auf das Wesentliche konzentrieren.

Wie steht es um die Zukunft der deutschen Theater?
Foto: dpa

Immer weniger Mitarbeiter müssten immer mehr produzieren, kritisierte der Vorsitzende der Dramaturgischen Gesellschaft (DG) im dpa-Interview. Rund 260 Dramaturgen und andere Theaterschaffende kommen von Donnerstag bis Sonntag zur DG-Jahrestagung nach Mannheim.

Frage: Ihre Tagung steht unter der Überschrift „Wie wollen wir arbeiten?“. Was erschwert den Arbeitsalltag von Theaterschaffenden?

Antwort: Es gibt die Tendenz im deutschsprachigen Theaterbetrieb, dass immer weniger Mitarbeiter immer mehr produzieren. Die Zahl der Festangestellten an den Häusern hat drastisch abgenommen. Die Zahl der Künstler, die mit Gastverträgen beschäftigt werden, hat zugenommen. Zugleich sind bei vielen Häusern die Etats geschrumpft - interessanterweise ist aber die Zahl der Aufführungen und Projekte gestiegen. Es geht heute immer mehr um Organisation oder auch Geldbeschaffung und immer weniger um inhaltliche Fragen.

Frage: Das hört sich so an, als stünden die deutschen Theaterschaffenden kurz vorm Burnout.

Antwort: Das ist mancherorts schon vorgekommen. Inwieweit man diese Schraube weiter anziehen kann, vermag ich nicht zu sagen. Ich will aber gar nicht jammern. Es geht uns darum, die aktuelle Arbeitssituation zu beschreiben und die Frage zu stellen, ob dabei am Ende wirklich die Kunst herauskommt, die wir uns alle wünschen.

Frage: Das deutsche Theater braucht also eine Entschleunigung?

Antwort: Ich würde es eher eine Konzentration aufs Wesentliche nennen. Weniger produzieren heißt nicht unbedingt weniger Arbeit. Es ist vielmehr die Chance, sich mehr auf Inhalte zu konzentrieren und eine qualitativ andere Arbeit zu liefern.

Frage: Was ist denn verzichtbar?

Antwort: Verzichtbar sind alle Projekte und Inszenierungen, die man nur macht, weil man sie für kulturpolitisch wichtig oder gerade angesagt hält. Man muss sich wirklich selbst fragen: Was habe ich denn eigentlich meinen Zuschauern zu erzählen? Diese Frage muss jedes Haus für sich selbst beantworten, weil es in jeder Stadt andere Bedingungen gibt.

ZUR PERSON: Christian Holtzhauer (39) ist seit diesem Jahr künstlerischer Leiter des Kunstfests Weimar. Zuvor arbeitete er am Schauspiel Stuttgart als Dramaturg und Projektleiter. Seit 2011 ist der gebürtige Leipziger Vorsitzender der Dramaturgischen Gesellschaft, einem Netzwerk für Theaterschaffende.

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