Wedels letzte Nibelungenfestspiele: Dramatisch und poetisch

Worms (dpa) - Die Bühne gleicht einem Schlachtfeld. Barrikaden aus Draht und Autoreifen versperren den Weg, Flammen lodern in großen Stahlfässern.

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Überall liegen gefallene Soldaten, in Tarnanzügen und mit Maschinengewehren. Die Szenerie vor dem Wormser Dom ist in grünes Licht getaucht. In der Mitte der Bühne liegen Hagen und Kriemhild - beide tot. Schon vor Beginn der Premiere am Freitagabend hatte Intendant und Regisseur Dieter Wedel angekündigt, dem Publikum bei seinen letzten Nibelungenfestspielen einiges zuzumuten. Er hielt Wort.

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Nur selten gibt es „Kriemhilds Rache“, den zweiten Teil der Nibelungensage, auf deutschen Bühnen zu sehen. „Die Nibelungenfestspiele müssen sich dieser schwierigen Aufgabe stellen“, sagt Wedel. „Hebbels Nibelungen - born this way“ beleuchtet die Zeit nach Siegfrieds Tod. Kriemhild (Charlotte Puder) will endlich Rache für den Tod ihres Mannes Siegfried. Die Burgunder aber stellen sich vor Hagen (Lars Rudolph), den Mörder, und halten ihm die Treue. Der Begriff „Nibelungentreue“ wurde später auch von den Nationalsozialisten benutzt.

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Der kritische Blick auf die deutsche Heldensage liegt Wedel am Herzen. Er zeigt, wie Rachegelüste und gegenseitige Verachtung Tod und Verderben über die Welt bringen. Die Kulisse vor dem Wormser Dom tut ihr übriges, um die Zuschauer in ihren Bann zu ziehen. In völliger Dunkelheit und mit dumpfen Trommelschlägen beginnt der zweite Teil des Stücks. Die Burgunder sind im Hunnenreich von König Etzel (Erol Sander) angekommen. Die große Schlacht steht bevor. „Es ist ein dramatisches und poetisches Stück - und sicherlich das schwierigste, das wir in den vergangen 13 Jahren gespielt haben“, sagt Wedel.

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Moderne Elemente bilden immer wieder einen reizvollen Kontrast. Häufig sind Teile des Geschehens als Filmsequenzen auf einer großen Leinwand vor den Mauern des Doms zu sehen. Zu Beginn sprühen schwarze Gestalten das Wort „Mörder“ in roter und weißer Farbe als Graffiti an die Wand. Bei aller Ernsthaftigkeit hat das Stück aber auch seine komischen Elemente, zum Beispiel als die Burgunder um König Gunther (Christian Nickel) am Hof der Hunnen beim Biertrinken das Volkslied „Am Brunnen vor dem Tore“ singen.

Das Premierenpublikum - darunter sind Promis wie Costa Cordalis und Franziska van Almsick - muss am Ende ordentlich schlucken. Erst mit merklicher Verzögerung setzt tosender Beifall ein. Mit „Hebbels Nibelungen - born this way“ verabschiedet sich Dieter Wedel nach 13 Jahren von den Nibelungenfestspielen. „Es war ein Abenteuer“, gesteht der Intendant. Im kommenden Jahr übernimmt Filmproduzent Nico Hofmann die Leitung der Festspiele. Mit einer Fassung des Nibelungenstoffs von Theaterautor Albert Ostermaier ist ein klassisches Bühnenstück ohne moderne Einsprengsel geplant.

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