IT-Manager: „Deutschland ist Weltmeister in Vorbehalten“

München (dpa) - Auf dem IT-Gipfel in München beraten Spitzenvertreter von Wirtschaft und Regierung über den Einsatz von Informationstechnik in Unternehmen und Behörden. Einer der Teilnehmer, der IT-Manager Ulrich Dietz, fordert mehr Tempo und eine bessere Förderung von Startups.

Dietz kritisiert die zögerliche Haltung bei der Umsetzung neuer Informationstechniken in Wirtschaft und Gesellschaft. Der IT-Gipfel in München sei das „Hallo-Wach-Glöckchen am Nikokaustag“, sagte der Gründer und Vorstandsvorsitzende von GFT Technologies AG in einem Interview der Nachrichtenagentur dpa.

Herr Dietz, können Soziale Online-Netzwerke zu den Betrieben der Wissensgesellschaft werden? Bislang gibt es ja in vielen Unternehmen eher Vorbehalte gegen die Nutzung dieser Plattformen.

Dietz: „Deutschland ist Weltmeister in Vorbehalten, was die Einführung neuer IT-Lösungen betrifft. Wir warten oft erst so lange, bis die Amerikaner uns vormachen, wie es geht. Es ist wichtig, dass die Unternehmen Erfahrungen sammeln, wie sie Soziale Netzwerke für sich selbst nutzen können. In einem Social Intranet können die einzelnen Abteilungen über neue Themen kommunizieren und Dokumente austauschen. Wir selbst haben Wikis in Kombination mit Social-Web-Techniken im Einsatz. Solche Plattformen kann man sehr gut nutzen, damit die Mitarbeiter eigene Ideen ins Unternehmen einbringen. Da gibt es vielfältige Möglichkeiten. Und es ist wichtig, dass da ein bisschen Tempo reinkommt. Wenn man ein attraktiver Arbeitgeber sein will, muss man auch attraktive Tools anbieten und nicht agieren wie vor 15 Jahren.“

Sie setzen sich besonders für die Förderung junger IT-Unternehmen ein. Mit welchen Schwierigkeiten sind diese konfrontiert?

Dietz: „Die Ideen zur Transformation der Realwirtschaft in die digitale Welt kommen weniger von etablierten Unternehmen, sondern durchweg von jungen Unternehmen. In etablierten Firmen gibt es zu viele Bedenkenträger. Junge Unternehmen machen das einfach. Wenn wir mit der digitalen Wirtschaft vorankommen wollen, dann müssen wir junge Unternehmen stärken, um so neue Lösungen zu entwickeln. Oft haben junge Unternehmen aber bei der Finanzierung nicht die gleichen Möglichkeiten wie größere Firmen. Neues braucht Freunde. Da müssen wir helfen, dass sie ein Beziehungsgeflecht aufbauen, dann kriegen wir viel mehr Tempo rein.“

Welchen Beitrag könnte die Politik leisten, diese Probleme zu überwinden?

Dietz: „Die Politik muss man treiben, damit es vorwärtsgeht. Auch in der Euro-Krise rennt die Politik unentwegt der Entwicklung hinterher, um zu retten, was zu retten ist. Ich halte es für absolut notwendig, dass die Wirtschaft Vorreiter ist. Ich halte nicht viel von Förderprogrammen. Wichtig ist, dass die Rahmenbedingungen in der Infrastruktur verbessert werden, dass wir eine Breitbandverkabelung in jeden Winkel bekommen. Bei den gesetzlichen Rahmenbedingungen brauchen wir Steuersicherheit. Virtuelle Produkte werden komplexe steuerliche Fragen aufwerfen, da brauchen wir Rechtssicherheit.“

In Berlin sind jetzt verstärkt Venture-Capital-Firmen aus dem Ausland präsent, um Startups zu fördern. Sind deutsche Kapitalgeber zu risikoscheu?

Dietz: „Ja. Bis die deutschen Firmen sich im klaren sind und die Business-Modelle fünf Mal hin und her gerechnet haben, haben sich die Amerikaner schon längst entschieden.“

Was kann ein Forum wie der IT-Gipfel bewirken?

Dietz: „Die IT-Industrie wird noch gern in die Ecke der Nerds und Hacker gesetzt. Es wird zu wenig gesehen, dass es sich hier um eine ganz wichtige Branche für die ganze Volkswirtschaft handelt. Der IT-Gipfel ist eine Plattform damit Politik und verarbeitende Industrie erkennen, welches Potenzial die Informationstechnik entfalten kann. Der IT-Gipfel soll ein Hallo-Wach-Glöckchen am Nikokaustag sein.“

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