Debatte um Ego-Shooter „Crysis 2“

Berlin (dpa) - Die Auszeichnung des Ego-Shooters „Crysis 2“ beim Deutschen Computerspielpreis facht die Debatte über den kulturellen Wert der digitalen Unterhaltung an.

Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) erklärte bei der Verleihung am Donnerstagabend, dass Titel mit Gewaltdarstellungen „schwerlich kulturell und pädagogisch wertvoll sein“ könnten. Dagegen rechtfertigte Thomas Jarzombek (CDU), Bundestagsabgeordneter und Jury-Mitglied, die Prämierung. Das Spiel setze künstlerische Maßstäbe. Der SPD-Politiker Björn Böhning sprach sich dafür aus, die wirtschaftlichen Chancen von Computerspielen stärker in den Mittelpunkt zu rücken.

„Crysis 2“ wurde als bestes deutsches Spiel ausgezeichnet. Das in einem zerstörten Manhattan angesiedelte Kriegsszenario besteche durch „hohen Spielspaß, eine innovative Spielmechanik und eine herausragende Grafik“, lobte die Jury. Entwickler Crytek habe damit Publikum und Fachwelt weltweit überzeugt und begeistert. Die Jury prämierte Spiele in sechs weiteren Kategorien, darunter „Harveys neue Augen“ von Daedalic Entertainment als bestes Jugendspiel und „Drakensang Online“ als bestes Browsergame. Bei der Gala wurde zudem der von Gruner + Jahr Entertainment organisierte Lara Award verliehen. Den Preis als bestes internationales Spiel erhielt „The Elder Scrolls V: Skyrim“ von US-Entwickler Bethesda.

Die Kontroverse um den kulturellen Wert eines Kriegsspiels hatte der CDU-Bundestagsabgeordnete Wolfgang Börnsen entfacht. Der kultur- und medienpolitische Sprecher seiner Fraktion erklärte kurz vor der Preisverleihung, „sogenannte Killerspiele“ dürften nicht honoriert werden. Inhaltliche Kriterien müssten höher bewertet werden als die technische Qualität. Die Spielebranche wie auch Politiker mehrerer Parteien wiesen seine Kritik zurück.

Hintergrund des Streits: Den Preis richten die Branchenverbände BIU und GAME gemeinsam mit dem Kulturstaatsminister aus, dessen Haus die Hälfte des Preisgeldes von insgesamt 385 000 Euro beisteuert. Das macht sich auch bei den die Vergabekriterien bemerkbar. Die erstmals 2009 verliehene Auszeichnung soll die Entwicklung „innovativer, kulturell und pädagogisch wertvoller Computer- und Videospiele“ fördern. Die Preisträger bestimmt eine unabhängige Jury.

Zwischen Show-Einlagen und Dankesreden klang auch bei der Gala immer wieder diese Diskussion durch. Kulturstaatsminister Neumann verteidigte Börnsens Standpunkt. Den Preis selbst zog er jedoch nicht in Zweifel. Computerspiele seien „ein Leitmedium, das am meisten von den jungen Leuten genutzt wird“. Es sei daher richtig, sie aus der „defensiven Ecke“ herauszuholen. „Qualitativ hochstehende Leistungen“ müssten honoriert werden.

Die Öffnung des Preises für Titel ab 18 Jahren lobte dagegen Felix Falk, Chef der Selbstkontroll-Einrichtung USK, die Computerspiele überprüft. „Neben Pädagogik, Kultur und technischer Innovationskraft dürfen wir ein Kriterium nicht vergessen, und das ist der Spielspaß“, betonte er. Dieser könne für einen 30-Jährigen etwas ganz anderes bedeuten als für einen 13-Jährigen. „Computerspiele haben das Recht auf einen vorurteilsfreien Blick wie alle anderen Medien auch.“ Da der Jugendschutz in Deutschland gut funktioniere, dürfe man sich auch über gute Inhalte für Erwachsene freuen.

SPD-Politiker Böhning, Chef der Staatskanzlei des Landes Berlin, hob die wirtschaftlichen Chancen der Computerspielbranche hervor. Allein in der Hauptstadtregion seien 4000 Unternehmen in diesem Bereich aktiv. „Wir brauchen Liberalität, damit Kreativität sich entwickeln kann. Das bezieht sich auf alle Spiele.“

Die Diskussion über den kulturellen Wert von Spielen wird wohl weitergehen. Neumann schlug vor, im Kulturausschuss des Bundestags über eine Neufassung der Vergabekriterien zu diskutieren. Jarzombek kündigte an, einen Parlamentskreis Computerspiele zu gründen. Dort soll ebenfalls über die Kriterien für den Preis geredet werden.

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