Deutsche haben Lust auf Mode

Der Textilhandel spürt die Krise kaum. Am 26. Juli startet die Messe cpd.

Düsseldorf. Stell’ Dir vor, es ist Rezession, aber die Verbraucher machen einfach nicht mit - dieses Fazit zieht der deutsche Modehandel nach dem ersten Krisenhalbjahr 2009. "Wir haben wie das Kaninchen auf die Schlange geschaut - doch die Krise kam nicht", sagte Jürgen Dax, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes des deutschen Textileinzelhandels, am Donnerstag im Vorfeld der Modemesse cpd in Düsseldorf.

Die Durchschnittsumsätze im deutschen Textileinzelhandel lagen im ersten Halbjahr nur um knapp ein Prozent unter den Vorjahreswerten. Der April war laut Dax sogar ein Top-Monat: "Der Umsatz lag oft bis zu einem Viertel über den Vorjahreswerten. So etwas hatten wir seit Jahren nicht mehr."

Sehr gute Geschäfte machten bislang große Bekleidungsfilialisten. Besonders gefragt waren dabei Sport- und Outdoorbekleidung. Von zweistelligen Umsatzzuwächsen sei bei vielen Händlern die Rede gewesen. Dax führte dies auch auf ein neues Reiseverhalten der Deutschen in der Krise zurück: "Viele fahren nicht in den Urlaub und verbringen die Freizeit mit Sport und Wandern zu Hause." Der Absatz von Reisegepäck etwa sei im ersten Halbjahr eingebrochen, während sich normale Taschen weiterhin gut verkauft hätten.

Die Branche habe sich auch nicht von der Krisenstimmung rund um Hertie, Karstadt oder Quelle anstecken lassen, betonte Dax. Diese Unternehmen repräsentierten nicht die Branche. Und: "Diese Pleiten sind nicht der Finanzkrise geschuldet. Sie sind Teil einer notwendigen Marktbereinigung in einem mit Ware und Verkaufsfläche total überbesetzten Markt, der die Konsumenten schlicht überfordert."

So ganz wird aber auch der Modehandel nicht von der Finanzkrise verschont. Dax: "Es war - auch für solide finanzierte mittelständische Firmen - seit vielen Jahren nicht mehr so schwierig wie heute, von Banken Geld zu leihen."

Im Gegensatz zu den Modehändlern verzeichnete die deutsche Bekleidungsindustrie deutliche Einbußen im ersten Halbjahr. "Die Unternehmen erwarten ein Umsatzminus von 5,2 Prozent", sagte Klaus Brinkmann, Präsident des Verbandes German-Fashion. Der Heilsbringer der vergangenen Jahre, der Export nach Osteuropa, sei deutlich eingebrochen. Das einstige Stiefkind, der Absatz im Inland, stütze dagegen die Branche.

Damit sich die Kunden auch in den kommenden Monaten nicht die Lust auf Mode verderben lassen, setzt die Branche auf neue Trends. "Total entspannt" lautet das Motto des Deutschen-Mode-Instituts für den Sommer 2010. "Die neue Mode kennt keine Krisenstimmung", sagte Geschäftsführer Gerd Müller-Thomkins. Hosen aus weichem Jersey sollen der Trägerin ein Yoga-Gefühl vermitteln, ebenso sanfte Farben und weich fließende Formen.

Bodenständigkeit sei ein weiteres Thema, so Müller-Thomkins: Die "Boyfriend-Jeans" rutscht auf die Hüfte und die Hosenbeine werden auf Wadenhöhe gekrempelt. "Sie vermittelt das Gefühl, man kann damit Autos oder Zäune reparieren." Selbermachen ist eben in. Insofern ist die Krise doch irgendwie in der Mode angekommen...

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