Langlauf: Wenig Begeisterung für Pfüller-Vorstoß

Cavalese (dpa) - Den Biathlon-Sport stärken, indem man den Langlauf schwächt: Der Vorstoß von Sportdirektor Thomas Pfüller hat im Lager der deutschen Skilangläufer keine Begeisterung hervorgerufen.

Vor allem der Zeitpunkt der Bekanntgabe kommt bei den Spezialisten nicht gut an.

„Ich möchte das jetzt gar nicht groß kommentieren. Wir erleben hier gerade unseren Saisonhöhepunkt, die Mädels zeigen alle sehr gute Leistungen. Das ist das, was für mich gerade zählt“, sagte Langlauf-Bundestrainer Jochen Behle vor der letzten Etappe der Tour de Ski in Val di Fiemme.

Ganz neu sind die Planspiele Pfüllers für Behle nicht. „Ich kenne die Gedankenansätze. Aber wir sind mitten in der Saison, da hätte man vorher auch noch mal reden können“, meinte Behle, verteidigte aber gleichzeitig Pfüller: „Biathlon ist nun mal die öffentlichkeitswirksamere Sportart, gar keine Frage. Wenn dort eben die Ergebnisse nicht so kommen wie gewünscht, steht auch der DSV-Sportdirektor unter einem gewissen Druck. Und sich Gedanken zu machen, wie etwas verbessert werden kann, ist nun mal sein Job.“

Fakt ist: Neben der nach der Saison nicht mehr aktiven Magdalena Neuner gibt es derzeit kaum eine Biathletin, die gut schießen und schnell laufen kann. „Aber es muss jedem Sportler überlassen bleiben, was er gern machen will. Miriam Gössner beispielsweise ist eine begnadete Läuferin mit Problemen beim Schießen. Sie hätte auch bei uns Karriere machen können, hat sich aber für Biathlon entschieden. Das muss man akzeptieren. Auch wir sind eine Sportart, in der man erfolgreich sein kann. Deshalb sollte man die Sportlerinnen fragen. Sie allein entscheiden“, betonte Behle.

Die Oberwiesenthalerin Denise Herrmann, die wie Hanna Kolb (Buchenberg) namentlich von Pfüller als eine Kandidatin genannt wurde, war völlig überrascht. „Das überrumpelt mich total, mit mir hat vorher niemand gesprochen. Das Ganze ist für mich momentan kein Thema, weil ich mich auf die nächsten Weltcup-Starts vorbereite. Ob es überhaupt mal ein Thema wird, kann ich derzeit nicht sagen“, meinte die Sächsin. In Bezug auf Kolb betonte Behle: „Sie ist eine Sprintspezialistin, aber Biathlon ist Ausdauersport. Ich weiß nicht, ob sie geeignet wäre.“

Für die älteren Langläuferinnen wie Evi Sachenbacher-Stehle (Reit im Winkl) oder Katrin Zeller (Oberstdorf), die bei der Tour de Ski auftrumpfte, ist Biathlon kein Thema. „Ich habe im Trainingslager mit den Biathletinnen auch mal geschossen, aber alles andere getroffen, nur nicht die Scheiben“, meinte Sachenbacher-Stehle. Und Zeller ergänzte: „Ich bin mit 33 Jahren zu alt dafür. Wenn jemand wechseln will, ist das seine Entscheidung.“

Generell sieht Behle durchaus Möglichkeiten, Kräfte zu bündeln. „In Sachen Trainingsmethodik und Leistungsdiagnostik gibt es Schnittstellen. Das ist aber eine Sache, die man nach der Saison bereden kann und sollte. In jedem Fall darf man sich das nicht so einfach vorstellen, aus einer Langläuferin auch eine gute Biathletin zu machen.“

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