Derby-Analyse: Schafft Frontzeck die Wende?

Gladbachs Trainer ist unter Druck. Ein Sieg beim Derby in Köln käme einem Befreiungsschlag gleich.

<h3>Die Philosophie

Lange schlummerte sie im Verborgenen, weil die Zeit der Fohlenelf zu einer übermächtigen Hypothek geriet. Erst als im Herbst 2008 die Borussia einmal mehr einen neuen Sportdirektor suchte und die Wahl auf Max Eberl fiel, präsentierte er im Frühjahr 2009 eine Art Leitfaden für den Verein. Es galt, dem Klub wieder ein Gesicht zu geben. Ein Trainer sollte sich den Ideen des Vereins anpassen und nicht umgekehrt.

Kontinuität ist das Zauberwort von Präsident Rolf Königs. Doch umzusetzen vermochte er das bisher nicht. Die sportliche Führung wechselte beinahe jährlich in seiner Amtszeit seit 2004: Sieben Trainer, drei Sportdirektoren und unzählige Spieler gingen im Borussia-Park ein und aus. Die prekäre sportliche Situation nötigt der Führungsebene nun die ärgste Bewährungsprobe ab: Steht sie bei einer Niederlage im Derby in Köln auch noch zu Trainer Michael Frontzeck?

Trotz ständiger Personalwechsel im Sport ist die finanzielle Basis grundsolide. Bei Königs Dienstantritt hatte der Verein 20 Millionen Euro Schulden. Inzwischen schreibt er schwarze Zahlen.

Michael Frontzeck umgibt der Stallgeruch der Fohlen. Er ist in Mönchengladbach geboren, seine Profi-Karriere begann unter Trainer Jupp Heynckes, er arbeitete vor zehn Jahren als Assistent von Hans Meyer und ist nun der Chef. "Ja, es sei ein bisschen wie nach Hause kommen", sagte er im Juni 2009 bei seiner Präsentation als Cheftrainer. Frontzeck genießt Sympathien bei Fans und in der Führung, auch weil er ein Typ ist und gerne sagt: "Richtig gut." Das ist Hans-Meyer-Diktion, den Fans vertraut, und das nährt das Gefühl von Geborgenheit. Stallgeruch in der Fohlen-Box.

Frontzeck war zwar Abwehrspieler, denkt dafür aber mutig offensiv und lässt auch so spielen. Dennoch, Kompaktheit ist auch sein Schlüssel zum Erfolg. Daher agiert Gladbach mit zwei Sechsern - Thorben Marx und Michael Bradley - im defensiven Mittelfeld.

Es hat erkennbare Schwachstellen, die auch nicht mehr bei gutem Willen zu ignorieren sind. Torhüter Logan Baillys unbeständige Form war bereits in der vergangenen Saison erkennbar. Er war der am schlechtesten benotete Stammtorhüter aller 18 Bundesligisten. Auf den defensiven Außenpositionen fehlen für Tobias Levels und Filip Daems bundesligataugliche Alternativen, ebenso wie für Marx und Bradley. Ein Spieler mit mehr Zug zum Tor täte dem Team dort gut.

60 Gegentore in der vergangenen Saison war die drittschlechteste Marke der Liga hinter Absteiger Bochum (64) und Hannover (67). Der Klub hat mit den Transfers von Mohamadou Idrissou und Igor de Camargo allein rund vier Millionen Euro in eine bundesligataugliche Offensive investiert. Die Stabilität der Defensive war ihnen lediglich rund 1,5 Millionen Euro für Bamba Anderson wert. Der Brasilianer war zwar bester Abwehrspieler der 2. Liga, offenbart aber eine Liga höher deutliche Schwächen.

Sie schwören Stein und Bein auf die Elf vom Niederrhein, wie es im Fohlen-Lied heißt. Im Innersten feiern sich die Fans als die Underdogs, die gelegentlich einem der Großen ein Bein stellen, wie in den 70ern im Duell mit den großen Bayern. Gewandelt hat sich diese Haltung nie, wird allerdings zunehmend bestimmt vom Bangen im steten Abstiegskampf.

Besteht der Klub die sportliche Krise ohne Trainerwechsel, bietet sich tatsächlich die Chance zu der von der Führung propagierten Kontinuität. Die Saison verläuft indes mindestens bis zum Frühjahr im Abstiegskampf. Dazu braucht es starke Nerven.

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