Warum der NRW-Klinikstreik so verfahren ist

Zwischen den Unikliniken und der Gewerkschaft Verdi geht es hoch her. Kommunikationsprobleme spielen eine Rolle.

Warum der NRW-Klinikstreik so verfahren ist
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Düsseldorf. Die Lage ist verfahren. Und angesichts tausender aufgeschobener Operationen und in andere Krankenhäuser verlagerter Therapien von Patienten ernst. Von einem „grausamen Streik“ spricht die Leitung des Uniklinikums in Düsseldorf, in Essen ist die Situation kaum anders. Der Konflikt an beiden Unikliniken dauert seit fast zwei Monaten an, bei der angestrebten „Entlastung“ der Pfleger geht es nicht voran. Der unbefristete Streik zerrt an den Nerven von Arbeitgebern und Beschäftigten. Jetzt will die NRW-Landesregierung versuchen, zwischen den Fronten zu vermitteln.

Wissenschaftsministerin Isabel Pfeiffer-Poensgen (parteilos) und Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) haben die Gewerkschaft Verdi und die Klinik-Leitung zu einem Gespräch am kommenden Montag eingeladen. Zuletzt hatte der Düsseldorfer Verdi-Gewerkschaftssekretär Jan von Hagen gegenüber dieser Zeitung noch kritisiert, von der für das Universitätsklinikum zuständigen Ministerin Pfeiffer-Poensgen nichts gehört zu haben. „Wir kennen sie nicht“, sagte von Hagen bissig. Ende voriger Woche hatten 46 Düsseldorfer Klinikdirektoren Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) um Hilfe gebeten.

Ziel soll nun sein, „die festgefahrenen Gespräche wieder in Gang zu bringen und zu einer Einigung zu führen“, heißt es aus der Staatskanzlei. Und: „Obwohl sich die Partner offenbar inhaltlich schon sehr weit angenähert haben, liegen die Gespräche derzeit auf Eis. Wir möchten wieder Bewegung in die Gespräche bringen und auch darüber sprechen, ob die Moderation durch eine neutrale Person ein Weg sein kann, um eine allseits befriedigende Lösung des Konflikts zu finden“, erklärte Laumann.

Dabei hatte es einen solchen Versuch eines beidseitig akzeptierten Mediators bereits gegeben, der aber ist krachend gescheitert. Vielleicht vermag das verstärkte Licht der Öffentlichkeit nun den neuerlichen Versuch in seiner Erfolgsaussicht beflügeln.

Denn der Zwist geht tief. Vor allem, weil sich beide Parteien über die Grundlagen der Verhandlung offenbar auch nach Monaten gar nicht einig sind. Denn dass die Kliniken nicht über einen Tarifvertrag verhandeln, wie das Verdi-Chef Frank Bsirske gerade erst im Interview mit der „Rheinischen Post“ gefordert hat, sondern über eine „Vereinbarung zur Entlastung“ müsste allen Konfliktparteien spätestens seit Mitte Juli bekannt sein. Die Zustimmung dafür ist nach Informationen dieser Zeitung Mitte Juli sowohl von Düsseldorfer Verdi-Vertretern als auch von den Arbeitgebern unterzeichnet worden.

Grundlage für diese Vereinbarung war der auch schon am 3. Juli an Bsirske gegangene Hinweis, dass die Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) es nicht zulässt, dass „einzelne Mitglieder, darunter auch das Universitätsklinikum Düsseldorf (UKD)“ zur Aufnahme von Tarifverhandlungen berechtigt sind. Bislang habe keine Klinik, die Mitglied der Tarifgemeinschaft deutscher Länder ist, eigenständige Tarifverhandlungen geführt, heißt es.

Das Angebot der Uniklinik über jeweils 100 neue Stellen in Essen und Düsseldorf über eine laut klinikinterner Mitteilung „rechtlich verbindlichen Vereinbarung zwischen Vorstand und verdi, die vom Personalrat des Universitätsklinikums mitgezeichnet wird“ und detaillierte Verbesserungen in Ausbildung und Konsequenzmanagement hatte Verdi zuletzt „als winzige Zugeständnisse gewertet“ — und die informellen Gespräche am vergangenen Dienstag scheitern lassen.

Was wiederum die Arbeitgeberseite nicht verstehen kann: Eine Dienstvereinbarung auf der örtlichen Ebene sei sofort möglich. „Verdi hat die Erwartungshaltung seiner Mitglieder wider besseres Wissen in schwindelerregende Höhen geführt, die wir als verantwortlicher Vorstand aber nur bis zu einem gewissen Punkt nachvollziehbar erfüllen können. Das UKD wird jedoch weiter auf der Sachebene an realistischen Entlastungsvorschlägen arbeiten und diese auch ohne eine formale Vereinbarung umsetzen“, sagte Ekkehard Zimmer, Kaufmännischer Direktor und stellvertretender Vorstandsvorsitzender des UKD in einem internen Newsletter.

Der Verweis von Bsirske in besagtem Interview auf den Referenztarifvertrag, der im Frühjahr in Baden-Württemberg zwischen Verdi und vier dortigen Unikliniken geschlossen worden sei, als Vorbildlösung für das NRW-Dilemma, sorgt bei einem UKD-Sprecher ebenfalls für Unverständnis: „Genau das streben wir ja mit unserer Lösung für Düsseldorf und Essen an.“ Ist die Lage wirklich so verfahren?

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