Problemfall NRW Arbeitslosenquote: NRW "orientiert" sich an neuen Bundesländern

Nordrhein-Westfalen hat sich zum Langzeit-Problemfall in Sachen Arbeitslosigkeit entwickelt. Die liegt mittlerweile um 41 Prozent über dem westdeutschen Durchschnitt. Inzwischen ist die Quote sogar in Thüringen niedriger.

Düsseldorf (dpa). Die Freude über den allgemeinen Rückgang der Arbeitslosigkeit hat lange verdeckt: Nordrhein-Westfalen hat sich zum Problemfall auf dem deutschen Arbeitsmarkt entwickelt. Bei der Arbeitslosenquote hat das westdeutsche Bundesland mit dem Osten aufgeschlossen - in negativer Hinsicht. Thüringen hat NRW inzwischen als erstes der neuen Bundesländer überholt - und hatte mit 7,3 Prozent im vergangenen Mai eine niedrigere Arbeitslosenquote als NRW mit 7,9 Prozent.

Von den alten Bundesländern hat NRW schon seit langem die höchste Arbeitslosigkeit der Flächenländer. Im Vergleich zur westdeutschen Quote mit 5,6 Prozent liegt NRW inzwischen um 2,3 Prozentpunkte darüber. Anders ausgedrückt: Die Arbeitslosigkeit liegt in NRW um 41 Prozent über dem westdeutschen Durchschnitt.

Aber auch im bundesweiten Vergleich klafft die Schere immer weiter auseinander. Mit der Quote von 7,9 Prozent liegt NRW inzwischen um 1,6 Prozentpunkte oder 25 Prozent über der bundesweiten Arbeitslosenquote von 6,3 Prozent. 2010 lag der Abstand noch bei 0,9 Prozentpunkten, 2012 war er schon auf 1,3 gestiegen.

Das Prognos-Institut hat bei seinem „Zukunftsatlas“ bereits eine West-Verschiebung festgestellt: Während die Zahl der Menschen in den wirtschaftlich prekären Zonen Ost-Deutschlands sinkt, nimmt sie im Westen zu - allen voran im nördlichen Ruhrgebiet.

„NRW hinkt auch beim Wachstum hinterher, der Abstand ist größer geworden“, sagt Prof. Roland Döhrn vom Rheinisch-Westfälische Institut für Wirtschaftsforschung in Essen. In den großen Ballungsräumen wohnen überdurchschnittlich viele und schwer vermittelbare Langzeitarbeitslose. Inzwischen sei noch ein Problem hinzugekommen: „NRW ist ein Verlierer der Energiewende.“

Die Misere konzentriert sich im Ruhrgebiet: „Das Ruhrgebiet ist ein Bremsanker für das gesamte Land“, berichtet Michael Bahrke von der Consultingtochter des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft in Köln: „Das sehen wir auch beim Städte-Ranking. Die ostdeutschen Städte sind inzwischen sowohl bei der Dynamik, als auch beim Ist-Zustand an den Ruhrgebietsstädten vorbeigezogen.“

Im Langzeitvergleich (2004-2014) wird die fehlende Dynamik auf dem Arbeitsmarkt sichtbar: Zwar sank die Arbeitslosigkeit in NRW in diesem Zeitraum um 19,6 Prozent - das war aber bloß Rang 15 - nur unterboten von Bremen.

Bayern konnte seine Arbeitslosen in dieser Zeit um fast 45 Prozent reduzieren, Thüringen als Spitzenreiter sogar um 53,3 Prozent: „NRW weist in diesem Zehn-Jahres-Zeitraum die zweitschlechteste Entwicklung bei der Arbeitslosenquote auf und belegt Rang zehn bei der Beschäftigungsentwicklung“, bilanziert Bahrke. Letztere relativiert die schlechte Arbeitsmarktbilanz ein wenig: Immerhin schlagen dort 10,6 Prozent Zuwachs bei sozialversicherungspflichtig Beschäftigten zu Buche, immerhin Rang 10.

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