Türkei-Einsatz: Soldaten fühlen sich schikaniert

Die Bundeswehr kritisiert die Umstände ihres Einsatzes in der Türkei. Aber wie schlimm ist die Situation wirklich?

Berlin. Dass es nicht leicht wird für die Bundeswehrsoldaten im Osten der Türkei, war von Beginn an klar. Ende Januar attackierten aufgebrachte Gegner des Nato-Einsatzes in der Hafenstadt Iskenderun eine Gruppe deutscher Soldaten, die gerade erst im Land angekommen war.

Jetzt berichtet der Wehrbeauftragte Hellmut Königshaus, dass die 300 Deutschen bei den türkischen Kameraden nicht willkommen sind. Dabei sollen sie den Nato-Partner mit „Patriot“-Raketen gegen Angriffe aus Syrien schützen. Vorübergehende Probleme oder neue Belastung für die deutsch-türkischen Beziehungen?

Verteidigungsminister Thomas de Maizière, gerade selbst unter Druck, spricht von Übergangserscheinungen. Verdreckte Toiletten, verspätete Feldpost, keine Zigaretten, nichts als Fladenbrot: Das mag noch unter der Überschrift „kulturelle Unterschiede“ durchgehen.

Schwerer wiegt aber der Vorwurf, die türkische Armee unterbinde den Kontakt zwischen ihren Soldaten und den Deutschen. Besonders problematisch: Eine deutsche Feldjägerin soll bei einer Auseinandersetzung mit einem türkischen General Prellungen davongetragen haben. Außenminister Guido Westerwelle (FDP) forderte daraufhin in der „Welt“ mehr Respekt gegenüber den deutschen Soldaten.

Der Wehrbeauftragte und der Verteidigungsminister besuchten vor einer Woche zusammen die deutschen Soldaten. Allerdings blieb Königshaus einen Tag länger. De Maizière räumt in der „Bild“ ein, dass man ihm vielleicht „eher die Schokoladenseite“ gezeigt habe. „Wenn diese neuen Unterkünfte fertig sind, wird sich vieles, was da vorgetragen worden ist, ändern.“

Offensichtlich gibt es unterschiedliche Bewertungen der Zustände. Verteidigungsexperte Ernst-Reinhard Beck (CDU), der zeitgleich die Truppe in der Türkei besucht hat, wies die scharfe Kritik Königshaus’ zurück. „Meinem Eindruck nach ist das absolut nicht gedeckt.“ Für Verärgerung bei Abgeordneten führte auch, dass der Bericht des Wehrbeauftragten erst am Montag dem Verteidigungsausschuss vorliegt und nur über Medien bekanntwurde.

Königshaus versteht sein Amt vor allem als kritische Stimme, die Beschwerden aus der Truppe Gehör verschafft. De Maizière dagegen ist mit dem Zitat in Erinnerung, niemand solle die Illusion verbreiten, „als könne die Bundeswehr ein Leben wie auf einem Ponyhof bieten“.

Gerade erst hat der Minister den „oft übertriebenen Wunsch nach Wertschätzung“ in der Bundeswehr kritisiert. „Hört einfach auf, dauernd nach Anerkennung zu gieren“, sagte er — und entschuldigte sich später für die „falsche Tonlage“.

Die Einsatzbedingungen in der Türkei sind schlechter als etwa in Masar-i-Scharif in Afghanistan, wo Bundeswehr-Soldaten sich wie in einer deutschen Kleinstadt fühlen können. Der Einsatz dort steht unter ihrer Verantwortung, in Kahramanmaras sind sie Gäste.

Deshalb will wohl die türkische Armee dort keine deutschen Flaggen und Ortsschilder. Der Nato-Partner begrüßt zwar die Unterstützung, man will sich aber von den Deutschen nicht die Bedingungen vorschreiben lassen.

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