Opposition wirft Regierung Täuschung bei „Euro Hawk“ vor

Berlin (dpa) - Nach dem Scheitern des milliardenschweren Drohnen-Projekts „Euro Hawk“ hat die Opposition der Bundesregierung monatelange Täuschung des Parlaments vorgeworfen.

„Das ist ein großer Vertrauensbruch“, sagte SPD-Obmann Rainer Arnold am Mittwoch nach einer Sitzung des Bundestags-Verteidigungsausschusses. „Die Probleme sind bereits Ende 2011 sichtbar aufgeschlagen und niemand war bereit, das Parlament (...) zu informieren.“

Ähnlich äußerten sich Vertreter von Grünen und Linken. Das Verteidigungsministerium hält die Beschaffung von Drohnen trotz des Flops weiter für sinnvoll. Personelle Konsequenzen forderten SPD und Grüne nur indirekt. „Jetzt ist die Stunde da, wo man zeigen kann, dass man Verantwortung übernimmt“, sagte Arnold. Grünen-Obmann Omid Nouripour merkte an: „Es ist nicht besonders heldenhaft, eine Reißleine nach dem Aufprall zu ziehen.“ Parlament und Öffentlichkeit seien „hinters Licht geführt worden“, so Paul Schäfer (Linke).

Am Dienstag hatte das Ministerium das Projekt wegen massiver Probleme bei der Zulassung des unbemannten Aufklärungsflugzeugs für den europäischen Luftraum abgebrochen. Der Schaden für den Bundeshalt liegt in dreistelliger Millionenhöhe. „Euro Hawk“ ist die europäische Version der US-Drohne „Global Hawk“ des Konzerns Northrop Grumman. Sie ist mit spezieller Aufklärungstechnik des europäischen Konzerns EADS ausgestattet. Die Bundeswehr hatte die Anschaffung von fünf Exemplaren für insgesamt mehr als eine Milliarde Euro geplant. Bisher wurde erst ein Test-Exemplar ausgeliefert.

Staatssekretär Stéphane Beemelmans informierte die Abgeordneten am Mittwoch über das Scheitern des Projekts. Die Reißleine sei aus finanziellen und aus Sicherheitsgründen gezogen worden. „Wir müssen und wir werden sehr viel genauer hinschauen bei Zukunftsprojekten“, sagte er. Er bekräftigte, dass die von EADS entwickelte Aufklärungstechnik weiterverwendet werden soll.

In die Entwicklung von „Euro Hawk“ wurden bereits 508 Millionen Euro investiert. Hinzu kommen noch 158 Millionen Euro für offene vertragliche Verpflichtungen und die Herstellung der Flugfähigkeit. Von den Entwicklungskosten entfallen 248 Millionen Euro auf die Aufklärungstechnik von EADS, die weiter genutzt werden soll. Die Opposition bezweifelt aber, ob das möglich ist. Eine mit „Euro Hawk“ vergleichbare Drohne gibt es nicht. Bei einem bemannten Flugzeug müssten massive Abstriche bei den Fähigkeiten gemacht werden.

Zu einem generellen Stopp der Beschaffung von bewaffneten oder unbewaffneten Drohnen für die Bundeswehr wird die Pleite nicht führen. „Wir sind nach wie vor daran interessiert, diese Fähigkeit zu haben“, sagte Ministeriumssprecher Stefan Paris. „Wir werden weiter auch in Zukunft diesem Thema sehr treu bleiben.“

Der CDU-Obmann Henning Otte nannte den Abbruch des „Euro Hawk“-Projekts eine „richtige und notwendige Entscheidung“. Die FDP-Politikerin Elke Hoff sagte, drei Bundesregierungen seien für das Projekt mitverantwortlich. Rot-Grün schob es 2003 an, den Vertrag schloss 2007 die große Koalition ab.

Der Luftfahrt- und Rüstungskonzern EADS reagierte gelassen auf das Scheitern. Das Aufklärungssystem könne in andere Trägerplattformen integriert werden, sagte der Chef der EADS-Rüstungssparte Cassidian, Bernhard Gerwert. Die Entwicklung und damit auch die getätigten Investitionen bei Cassidian könnten daher weitergenutzt werden.

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