Industrie will Fördergelder für Strom aus der Wüste

Solaranlagen in der Sahara könnten bald die EU versorgen. Doch die Technik ist zunächst teuer. Brüssel soll zahlen.

Brüssel. Deutschland steigt aus der Atomkraft aus, die EU will Energie sparen und den Ausstoß des klimaschädlichen Gases CO2 senken. Da klingt die Idee von Sonnenstrom aus der nordafrikanischen Wüste verlockend. Für dieses langfristige Mammut-Vorhaben wirbt die Desertec-Stiftung auch bei der EU. Doch bis der Wüstenstrom-Traum Wirklichkeit wird, ist viel Arbeit nötig.

Unter anderem muss an den nötigen Technologien gefeilt, Stromleitungen durch das Mittelmeer gelegt und nordafrikanische Länder umworben werden. Desertec gründete dazu 2009 das Industriekonsortium Dii, bei dem der Technikkonzern Siemens und die Energieversorger RWE und Eon mitmachen.

Derzeit werben Desertec-Vertreter in Brüssel um Unterstützung. „Die Wüsten der Erde empfangen in sechs Stunden mehr Energie von der Sonne, als die Menschheit in einem Jahr verbraucht“, erklären sie. Bis 2050 strebt Desertec an, dass Sahara-Wüstenstrom einen „erheblichen“ Teil des Energiebedarfs in Nordafrika und 15 Prozent des europäischen Strombedarfs deckt. Die EU soll dabei helfen.

Das erste Solar-Projekt entsteht in Marokko. „2014 könnte der erste Strom nach Europa fließen“, sagt Dii-Geschäftsführer Paul van Son. Auch wenn nur kleine Mengen geliefert würden, sei das Projekt wegen seiner „symbolischen Bedeutung“ wichtig. Zudem führe Dii in Algerien Gespräche, zu Ägypten bestünden freundschaftliche Kontakte.

Bei EU-Abgeordneten in Brüssel hat van Son mit seinem Werben bereits Erfolg. Angelika Niebler (CSU) und Claude Turmes (Grüne), die im Energieausschuss des Parlaments sitzen, halten Wüstenstrom für eine „wichtige und interessante Vision“. Schließlich will die EU weg von Öl und Gas. Bis 2020 sollen 20 Prozent der Energie aus erneuerbaren Quellen kommen. Bis 2050 soll der CO2-Ausstoß um bis zu 95 Prozent sinken.

Der Dii-Chef kennt diese ehrgeizigen Ziele. Zugleich weiß er, dass viel Geld nötig ist, damit Solarstrom aus der Sahara nach Europa geleitet werden kann. Desertec brauche finanzielle Unterstützung, da dieser Strom anfangs nur teurer hergestellt werden könne als herkömmliche Energie, betont van Son. Zudem sei die teils noch zu entwickelnde Technik noch nicht marktreif. Er hofft auf Fördergelder aus Europa.

Die EU-Kommission reagiert vorsichtig. Sie engagiert sich seit Jahren dafür, dass nordafrikanische Staaten ihre Strommärkte stärker vernetzen und die Voraussetzungen dafür schaffen, an den europäischen Markt anzudocken. Die EU müsse zwar die richtigen Rahmenbedingungen schaffen, findet EU-Energiekommissar Oettinger. Er sieht jedoch vor allem die Unternehmen in der Pflicht. Unabdingbar sei, dass sie Geld in erneuerbare Energien steckten.

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