Kommentar Der Bevölkerungsschutz kommt zu kurz

Meinung · Deutschland hat ein Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BKK), es hat Lagezentren und Leitstellen, Hunderte Experten, Warn-Apps und hier und da noch Sirenen. Und trotzdem sind bei der Unwetter-Katastrophe mehr als 170 Menschen gestorben - was zu tun ist.

 Blick auf die überflutete Station der Schwebebahn in der Pestalozzistraße über der Wupper.

Blick auf die überflutete Station der Schwebebahn in der Pestalozzistraße über der Wupper.

Foto: dpa/Christopher Neundorf

Das Ausland kann nicht fassen, dass ausgerechnet Deutschland Schwächen zeigt, die zum Beispiel Bangladesch überwunden hat. Das liegt zwar auch daran, dass die Bundesrepublik solch apokalyptischen Szenen bisher eher aus anderen Ländern kennt, und Konflikte oft erst aus bitterer Erfahrung gezielt angegangen werden. Aber es hat auch etwas mit deutscher Schwerfälligkeit zu tun, erkannte Defizite zügig zu beheben.

Gut vier Monate ist es her, dass Innenminister Horst Seehofer (CSU) verkündet hatte: „Wir werden das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe zu einem wichtigen Dienstleister für Bund, Länder und Kommunen entwickeln.“ Das war sechs Monate nach dem pannenreichen Warntag, als der Probealarm in Deutschland danebenging. Nun wird darum gerungen, ob der Katastrophenschutz zentralisiert wird und der Bund die Verantwortung übernehmen soll – was Seehofer ablehnt. Es ist tatsächlich fraglich, warum ein Bundesamt die Lage in Erftstadt im Krisenfall besser beurteilen können sollte als das dortige Bürgermeisteramt.

Nötig ist Zweierlei: Erstens ein funktionierendes Warnsystem mit batteriebetriebenen Sirenen, die auch funktionieren und deren vom Bund mit 88 Millionen Euro unterstützte Sanierung nicht wie angekündigt ein ganzes Jahr (!) dauert. Ferner digitaler Alarm auf allen – auch lautlos gestellten Handys. Zweitens: Politiker sprechen verantwortungsbewusst vom Menschen-gemachten Klimawandel, sie wissen um die Natur- und Umweltsünden. Aber es gibt immer noch kein radikales Umsteuern. Es ist zu hoffen, dass die zerstörten Gebiete im Westen nun die Chance haben, neu anzufangen und Milliarden für neue Siedlungsstrukturen ausgeben können, die ansonsten wieder für die Beseitigung von Schäden aufgewendet werden müssten.

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