Kabinett beschließt Anti-Piraten-Einsatz an Land

Berlin (dpa) - Die Bundeswehr wird Piraten aus Somalia künftig auch an Land jagen dürfen. Das Bundeskabinett beschloss dazu eine deutliche Ausweitung des Einsatzes am Horn von Afrika.

In Zukunft sind auch Luftangriffe auf Stellungen von Seeräubern möglich, wenn sich diese in einer Entfernung von maximal zwei Kilometern von der Küste befinden. Der Einsatz von deutschen Soldaten am Boden bleibt - bis auf Notfälle - verboten.

Der Bundestag wird vermutlich am 11. Mai endgültig über die Ausweitung des „Atalanta“-Einsatzes entscheiden, der von der EU getragen wird. Die schwarz-gelbe Koalition hat im Parlament eine klare Mehrheit, so dass die Zustimmung gesichert ist. Die Opposition wird den Einsatz dagegen vermutlich erstmals geschlossen ablehnen. Nach der Linkspartei halten nun auch SPD und Grüne die Gefahr für Soldaten und für unbeteiligte Zivilisten für zu groß.

Die „Atalanta“-Mission - benannt nach einer Jägerin aus der griechischen Sagenwelt - läuft bereits seit Ende 2008. Derzeit ist die Bundeswehr vor Somalias Küsten mit mehr als 340 Soldaten auf Piratenjagd. Dabei ist auch das größte Schiff der Marine, die „Berlin“, die auch zwei Hubschrauber an Bord hat. Mitte Mai soll sie von der Fregatte „Bremen“ abgelöst werden, die ebenfalls zwei Helikopter mit sich führt.

Bei der Bekämpfung der Piraten an Land sollen solche Hubschrauber künftig eine zentrale Rolle spielen. Mit Angriffen aus der Luft könnten zum Beispiel Boote, Waffen- und Treibstofflager der Seeräuber zerstört werden - allerdings nur in Nähe des Strandes. Wörtlich heißt es in dem neuen Mandat: „Deutsche Einsatzkräfte dürfen bis zu einer Tiefe von maximal 2000 Metern gegen logistische Einrichtungen der Piraten am Strand vorgehen.“

Auch mit dem neuen Mandat ist ein Einsatz am Boden allerdings ausgeschlossen. Ausnahme sind Notfälle - beispielsweise, wenn ein Hubschrauber abgeschossen wird und die Besatzung gerettet werden muss. Trotzdem wollen SPD und Grüne der Mission nicht mehr zustimmen, weil sie die Risiken nun für zu groß halten. Die Linkspartei hatte den Einsatz von vornherein abgelehnt.

Die Bundesregierung bemüht sich aber weiterhin um einen möglichst breiten Rückhalt im Parlament. Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) sprach von einer „kleinen, nützlichen, zusätzlichen militärischen Option“. Eine neue Qualität habe der Einsatz nicht. Außenminister Guido Westerwelle (FDP) sagte: „Wenn ganz Europa Piraten bekämpft, kann Deutschland als größte Handelsnation nicht abseitsstehen. Wir können uns hier nicht wegducken.“

Die SPD nannte den Kabinettsbeschluss hingegen eine Scheinlösung, die viele Risiken mit sich bringen werde. Der Grünen-Verteidigungsexperte Omid Nouripour warnte in einem Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur (dpa) davor, die Bundeswehr in ein sinnloses Abenteuer zu schicken. Der Linken-Abgeordnete Paul Schäfer nannte die Regierungspläne eine „hilflose Fortsetzung des bisherigen Mandats“.

Beide Minister mahnten zugleich eine stärkere Bekämpfung der Ursachen der Piraterie an. Die Staatenbildung in Somalia müsse ebenso vorangetrieben werden wie die Verfolgung der Hintermänner und der Kampf gegen die Geldwäsche. Im vergangenen Jahr gab es nach offiziellen Angaben am Horn von Afrika 176 Piraten-Angriffe. Insgesamt 25 Schiffe wurden gekapert. Nach Schätzungen wurden mehr als 140 Millionen Dollar Lösegeld erpresst.

Der Verband Deutscher Reeder begrüßte den Kabinettsbeschluss. Seeleute könnten so noch besser vor Gewaltverbrechen geschützt werden.

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