Isaf-Länder halten an Abzugsplan fest - De Maizière in Kabul

Kabul/Kandahar (dpa) - Die USA, Großbritannien und Deutschland halten auch nach dem jüngsten Massaker eines US-Soldaten in Afghanistan an ihrem Zeitplan für den Abzug fest.

Darüber hinaus wollen Deutschland und Afghanistan ihre Zusammenarbeit nach dem Ende des internationalen Kampfeinsatzes 2014 bald in einem umfassenden Partnerschaftsabkommen regeln. Die Vereinbarung werde alle Felder der Politik erfassen und in naher Zukunft fertiggestellt, sagte Verteidigungsminister Thomas de Maizière am Mittwoch in Kabul. Während der Landung von US-Verteidigungsminister Leon Panetta auf einem britischen Militärstützpunkt in Südafghanistan ging auf der Landebahn ein Fahrzeug in Flammen auf.

US-Präsident Barack Obama und der britische Regierungschef David Cameron sagten in Washington, es gebe derzeit keinen Anlass für eine Änderung des Vorhabens, den Nato-Kampfeinsatz bis 2014 zu beenden. Auch die Übergabe der Verantwortung an die afghanischen Sicherheitskräfte stehe nicht in Frage. „Wir werden die Mission erfüllen und wir werden das in einer verantwortungsvollen Weise tun“, sagte Obama im Weißen Haus.

Bei dem Massaker am Wochenende in Südafghanistan waren nach afghanischen Angaben 16 Menschen, darunter 9 Kinder, getötet worden. Danach hatte es Berichte gegeben, dass die USA beim Abzug ihrer Truppen das Tempo erhöhen wollten. Das Weiße Haus dementierte die Meldungen.

De Maizière traf in der afghanischen Hauptstadt Präsident Hamid Karsai und Verteidigungsminister Abdul Rahim Wardak. Militärische Hilfe etwa bei der Ausbildung afghanischer Soldaten soll nicht Teil des Abkommens sein, sondern im Nato-Verbund geregelt werden.

Drei Tage nach dem Blutbad traf Panetta als erstes hochrangiges US-Regierungsmitglied zu einem Besuch in Afghanistan ein. Bei seiner Landung sei ein gestohlenes Militärfahrzeug in hohem Tempo auf eine Rampe auf der Landebahn zugefahren, auf der Panettas Flugzeug stoppen sollte. Es habe sich nach ersten Erkenntnissen nicht um einen Anschlagversuch gehandelt, sagte ein Sprecher des Pentagons. Das offenbar in dem Camp gestohlene Fahrzeug sei in einen Graben gerast und in Brand geraten. Zu keiner Zeit seien Panetta oder Mitglieder seiner Delegation an Bord des Flugzeugs in Gefahr gewesen, sagte ein Sprecher der Internationalen Schutztruppe Isaf.

Panetta sprach am Mittwoch zunächst mit US-Soldaten. Ebenfalls am Mittwoch kam es in der Region zu zwei Bombenanschlägen mit mehreren Toten.

In der Provinz Helmand starben nach Angaben der Behörden acht Afghanen, als ihr Fahrzeug in eine Sprengfalle geriet. Bei einem Anschlag in der Stadt Kandahar wurde ein afghanischer Geheimdienstmitarbeiter getötet. Zwei weitere Mitarbeiter des Geheimdienstes NDS seien verletzt worden, teilte das Büro des Gouverneurs der Provinz Kandahar mit.

In derselben Provinz hatte der US-Soldat in der Nacht zum Sonntag das Massaker verübt. Vor dem Amoklauf hatten Koranverbrennungen durch US-Soldaten für schwere Unruhen in Afghanistan gesorgt.

Über den Ort der Gerichtsverhandlung gegen den Amokschützen wurde noch nicht entschieden. Ein Sprecher der Internationalen Schutztruppe Isaf sagte, die Entscheidung werde nach der Untersuchung fallen. Das Verfahren könnte vor einem Militärgericht in Afghanistan stattfinden. Es werde aber nach amerikanischem Recht verhandelt werden.

De Maizière sprach den von dem Massaker betroffenen Familien sein Beileid aus. Er kritisierte auch die Koranverbrennungen durch US-Soldaten im Februar, die tagelange Unruhen ausgelöst hatten. Gleichzeitig drang er darauf, dass die afghanische Armee Maßnahmen gegen Angriffe aus ihren Reihen auf Verbündete ergreift.

Weiteres Thema des Besuchs war der laufende Truppenabzug. De Maizière versicherte, dass die Nato den Zeitplan einhalten werde, nach dem 2014 der internationale Kampfeinsatz enden soll. Nach dem Amoklauf war die Debatte über die Abzugsplanung neu entbrannt.

Es war de Maizières sechster Besuch in Afghanistan seit seinem Amtsantritt vor einem Jahr. Erst in der vergangenen Woche war der CDU-Politiker zu den deutschen Soldaten in Nordafghanistan gereist. Am Montag war Bundeskanzlerin Angela Merkel im Hauptquartier der Bundeswehr in Masar-i-Scharif.

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