Novum im Iran: Ahmadinedschad im Parlament befragt

Teheran (dpa) - Als erster Präsident in der Geschichte des Irans hat Mahmud Ahmadinedschad sich am Mittwoch persönlich einer Befragung durch das Parlament in Teheran stellen müssen.

Eine Stunde lang nahmen ihn die Abgeordneten in die Mangel und rügten vor allem die Wirtschaftspolitik des Präsidenten. Dieser gab sich selbstsicher. Mit einem Lächeln schien er die Befragung herunterspielen zu wollen. Es sei die Pflicht des Parlamentes, den Kurs der Regierung zu hinterfragen, sagte Ahmadinedschad und ließ so die Kritik an sich und seiner Politik abprallen.

„Aber ehrlich, die Fragen, die hier gestellt wurden, sind nicht schwer zu beantworten. Ich hätte bessere stellen können“, sagte Ahmadinedschad anschließend und zweifelte lautstark an der Vorbereitung der Initiatoren. „Ich erwarte, dass mir das Parlament nun die Note 1 gibt. Alles andere wäre unfair.“

Ali Motahari, einer der schärfsten Kritiker Ahmadinedschads, verlas zu Beginn der Sitzung die Fragen der Abgeordneten. Diese warfen Ahmadinedschad unter anderem Misswirtschaft vor. Mit seiner Entscheidung, Subventionen für Essen und Benzin zu streichen, habe er die hohe Inflation im Land ausgelöst. Auch verschwende er unnötig Staatsgelder mit Hilfen für die Armen. Kritik gab es auch an der Personalpolitik des Präsidenten, etwa an der Entlassung des langjährigen Außenministers Manuchehr Mottaki.

Die Vorladung war ein weiterer Rückschlag für Ahmadinedschad. Schon Anfang des Monats unterlag sein Lager bei der Parlamentswahl gegen seine konservativen Gegner, die Irans oberstem geistlichen Führer, Ajatollah Ali Chamenei, nahestehen. Bei der Befragung zweifelten seine Gegner nun an Ahmadinedschads Loyalität zu Chamenei. „Ich habe nie ein Geheimnis daraus gemacht, dass meine Politik sich von der meiner Vorgänger unterscheidet“, sagte Ahmadinedschad.

Der Präsident untergrabe die religiöse Dimension des Staates und fördere stattdessen einen Nationalismus, hieß es. Chameneis Anhänger warfen Ahmadinedschad und seiner Ministerriege vor, sich bei theologischen Fragen einzumischen. Sie ärgerten sich über Ahmadinedschads Kritik an der Religionspolizei, speziell an ihrer Durchsetzung der strengen Kleidungsvorschriften für Frauen. Diese müssen im Iran Kopftücher und lange Mäntel tragen.

Ahmadinedschad wies die Kritik zurück. „Alles was ich sage, ist, behandelt Menschen mit Respekt und, dass solche kulturellen Probleme nicht mit (Polizei-)Gewalt gelöst werden können.“ Mehrfach hatte er das oft harsche Vorgehen der Polizei gegen Frauen, die sich nicht an die Vorgaben halten, kritisiert.

„Lassen Sie uns auch etwas miteinander scherzen, da wir uns dem (Persischen) Neujahr nähern“, sagte der Präsident. Der Feiertag wird am 21. März begangen. Parlamentspräsident Ali Laridschani fand Ahmadinedschads Bemerkung weniger amüsant. „Das Parlament ist ein ernsthafter Platz und kein Ort für Witze“, sagte er. Ahmadinedschad sei absichtlich sarkastisch geworden, weil er keine Antworten auf die Fragen habe, sagte ein Abgeordneter.

Am Mittwoch folgte ein weiterer Rückschlag für Ahmadinedschad: Chamenei berief einen seiner größten Gegner, den früheren Präsidenten Akbar Haschemi Rafsandschani (1989 bis 1997), erneut zum Vorsitzenden des Schlichtungsrates, wie die Nachrichtenagentur Mehr meldete. Beobachter hatten eigentlich erwartet, dass der als moderat geltende Kleriker seinen letzten offiziellen Posten, den er schon seit 1997 innehat, verlieren würde. Seine Wiederernennung werteten sie nun als eine mögliche Rückkehr Rafsandschanis in die Politik. Der Rat hat aber keine strategische Rolle im Iran, in Streitfällen vermittelt er zwischen Wächterrat und Parlament.

Rafsandschanis politischer Einfluss war zurückgegangen, nachdem er sich geweigert hatte, die von Betrugsvorwürfen begleitete Wiederwahl Ahmadinedschads 2009 anzuerkennen. Daraufhin wurde er als Chef des sogenannten Expertenrates abgelöst und verlor damit einen Schlüsselposten innerhalb der Führung des Landes. Heute zählt er zu den prominentesten Figuren der Opposition.

Eigentlich sollte Irans Präsident bereits im vergangenen Jahr vor die Abgeordneten treten. Später wurde aber entschieden, dass er nur schriftlich auf deren Fragen eingehen müsse. Ahmadinedschads Antworten fielen in den Augen der Abgeordneten allerdings unbefriedigend aus. Kurz vor der Parlamentswahl war die Befragung dann wieder auf die Agenda gekommen.

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