Auf niederländischem Bauernhof Isolierte Familie – Österreicher der Freiheitsberaubung verdächtigt

Amsterdam · Der Österreicher, der im Fall der jahrelang isoliert auf einem niederländischen Bauernhof lebenden Familie festgenommen wurde, ist weiterhin in Haft. Die Ermittlungen der Polizei laufen auf Hochtouren.

 Polizisten gehen auf Spurensuche zu dem abgelegenen Hof, in dem eine Familie jahrelang isoliert gehaust haben soll.

Polizisten gehen auf Spurensuche zu dem abgelegenen Hof, in dem eine Familie jahrelang isoliert gehaust haben soll.

Foto: dpa/Vincent Jannink

Nach der Entdeckung einer seit Jahren isoliert lebenden Familie im Osten der Niederlande laufen die Ermittlungen der Polizei auf Hochtouren. Eine Sondergruppe von 25 Beamten untersuche den Fall, teilte die Polizei in der Provinz Drenthe am Mittwochmorgen mit. Viele Fragen seien offen. Auf einem abgelegenen Bauernhof im Dorf Ruinerwold hatten Beamte eine Familie entdeckt, die dort seit 2010 in einem isolierten Raum gehaust haben soll.

Dies betreffe fünf jetzt erwachsene Kinder und doch auch deren Vater, teilte die Polizei mit - das hätten die Personen selbst ausgesagt. Zuvor war unklar gewesen, ob auch der Vater der Familie in dem isolierten Raum gelebt hat.

Ein Österreicher wird der Freiheitsberaubung verdächtigt. Das teilte die niederländische Staatsanwaltschaft am Mittwoch mit. Der 58-Jährige war am Dienstag festgenommen worden. Er war nach Angaben der Polizei Mieter des Bauernhofes und soll dort regelmäßig Reparaturen ausgeführt haben, aber dort nicht gewohnt haben. Der Mann solle Donnerstag dem Haftrichter vorgeführt werden, hieß es.

Weiter unklar, in welcher Beziehung der Österreicher zur Familie steht

Ein Vater und seine sechs Kinder von jetzt 18 bis 25 Jahre sollen dort in einem kleinen Raum jahrelang gehaust haben. Die Polizei geht davon aus, dass die Familie seit 2010 völlig isoliert lebte. Die Mutter soll bereits zuvor gestorben sein. Weder der Vater noch seine sechs Kinder waren nach Angaben der Polizei beim Einwohnermeldeamt gemeldet. Einzelheiten zu den genauen Umständen wurden zunächst nicht mitgeteilt.

In welcher Beziehung der Österreicher zu der Familie stand, ist weiter unklar. Die Polizei konnte auch noch nicht sagen, weshalb die Familie auf dem Hof lebte. Niederländische Medien berichten, dass sie auf das „Ende der Zeiten“ gewartet hätten.

Der 25-jährige Sohn namens Jan war ungewaschen und mit langen zerzausten Haaren ins Gasthaus gekommen und hatte dem Besitzer Chris Westerbeek erzählt, dass er in den vergangenen neun Jahren nicht „draußen“ gewesen sei und nie eine Schule besucht habe, wie der Lokalsender RTV Drenthe berichtete. Der Besitzer des Gasthauses in Ruinerwold beschrieb den jungen Mann als „sehr verwirrt“, zudem habe er auf eine kindliche Weise gesprochen. Westerbeek schaltete die Polizei ein.

Daraufhin war die Polizei zu dem Hof gefahren. „Da trafen wir sechs Menschen an in einem abschließbaren kleinen Raum in der Wohnung, es war kein Keller“, präzisierte die Polizei. „Es ist undeutlich, ob sie dort freiwillig waren.“ Zuvor war berichtet worden, dass die Familie in einem Kellerraum gelebt habe.

25-Jähriger seit Anfang des Jahres auf Social Media aktiv?

Der 25-jährige Sohn besaß nach Informationen der Zeitung „De Telegraaf“ ein eigenes Facebook-Konto, das er im Juni erstmals seit neun Jahren wieder nutzte. Dort postete er auch Fotos von sich „umgeben von Bäumen“, in Ruinerwold und seiner Umgebung und veröffentlichte Links zu Kundgebungen wie etwa den jüngsten Klima-Märschen.

Jan besaß Medienberichten zufolge auch ein Nutzerkonto beim Karriere-Netzwerk LinkedIn. Dort schrieb er, dass seine Eltern bis zum Tod seiner Mutter im Jahr 2004 ein erfolgreiches Unternehmen geführt hätten. Als die Polizei das Versteck entdeckte, lag der Vater laut RTV Drenthe im Bett. Er habe offenbar vor ein paar Jahren einen Schlaganfall erlitten.

(dpa/afp)
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