„Gated Communitys“: Luxusheim hinter Gittern

Umzäunte Siedlungen gibt es vor allem in den USA. Auch in Deutschland nehmen sie zu — trotz eines Imageproblems.

Düsseldorf. Sie werden sarkastisch als Reichenghettos bezeichnet, in denen sich Wohlhabende hinter hohen Zäunen verbarrikadieren: Bewachte Luxus-Wohnsiedlungen, so genannte „Gated Communitys“, haben in Deutschland ein schlechtes Image. Trotzdem werden auch hierzulande immer mehr Quartiere gebaut, in denen imposante Apartmenthäuser durch Wachleute und hohe Mauern abgeschottet werden.

Wer etwa an der Münchner Winzererstraße einen Anwohner besuchen möchte, wird am Eingangstor nur eingelassen, wenn er vorher angemeldet wurde. Auch in den Heinrich Heine Gärten, dem neuen Luxus-Quartier in Düsseldorf, gibt es Wachleute.

Dabei sind „Gated Communitys“ ursprünglich eher aus den USA, Südamerika und Afrika bekannt, also aus Ländern mit hoher Kriminalitätsrate und einer drastischen Kluft zwischen Arm und Reich. „Wo es Slums und Ghettos gibt, da ist die ,Gated Community’ die natürliche Gegenreaktion“, sagt der Stuttgarter Wohnsoziologe Tilman Harlander, der sich auf die Erforschung dieser Wohnform spezialisiert hat. Er sagt: „Das bewachte Wohnen passt eigentlich nicht zur deutschen Mentalität.“ Sich einzuschließen, würde selbst unter äußerst Wohlhabenden kritisch gesehen. „Außerdem haben wir in Deutschland eine Tradition des sozialen Mixes.“

Während „Gated Communitys“ etwa in osteuropäischen Ländern wie Polen gern dazu genutzt würden, um den eigenen Reichtum offensiv zu zeigen („Ich kann mir leisten, hier zu wohnen“), sei Protzerei in Deutschland eher verpönt. Das Beispiel von Deutschlands erster „Gated Community“ in Potsdam bestätigt diesen Eindruck.

1998 wurde die Anlage „Arcadia“ unweit der Glienicker Brücke in eine parkähnliche Landschaft gebaut. Zehn Jahre dauerte es, die 45 Luxusappartements für einen Quadratmeterpreis von durchschnittlichen 5500 Euro zu verkaufen. „Es war den Leuten nicht klarzumachen, dass es sinnvoll ist, hinter einem Zaun zu leben“, sagt Rainer Milzkott, Geschäftsführer von UrbanPR.

Die Agentur verhalf dem Projekt schließlich doch noch zum Erfolg, indem sie die Marketingstrategie radikal änderte. „Wir haben nicht die Sicherheit in den Vordergrund gestellt, sondern die schöne Lage“, sagt Milzkott. Außerdem habe man sich bewusst an potenzielle Käufer gewendet, die schon einmal im Ausland und vielleicht sogar in einer „Gated Community“ gelebt haben. „So sind etwa ehemalige Botschafter und Industrielle eingezogen.“

Umfragen haben ergeben, dass Deutsche, die sich Eigentumswohnungen in bewachten Anlagen zulegen, nicht in erster Linie die Überwachung schätzen — vielmehr die oft zentrale Lage. Zudem sei der Hausmeisterservice gefragt. In den Heinrich Heine Gärten mit 313 Wohnungen etwa gibt es einen Shuttle-Service zum Flughafen, eine Kindertagesstätte und einen Wellnessbereich.

Aber: Die Einfahrten sind durch Schranken gesichert, die Garagenzufahrten videoüberwacht, der Stahlzaun in Hecken verborgen. Der im Januar gestartete Verkauf laufe gut, sagt der Bauträger. Zahlen werden nicht genannt. Trotz des schlechten Images glaubt Wohnsoziologe Harlander, dass sich das Konzept in Deutschland verbreiten wird, allerdings in gemäßigter Form. „Für viele sind zentrale Stadthäuser mit Concierge-Service reizvoll.“ Das sei Wohnen im Hochhaus auf höchstem Niveau.

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