Carla Bruni: Vom Raubtier zur Schmusekatze

Carla Bruni hat nach dem Herzen des Präsidenten auch die der Franzosen erobert. Es hat nur etwas länger gedauert.

Paris. Von ihren Umfragewerten kann er nur träumen. Fast 70Prozent der Franzosen finden Carla Bruni-Sarkozy inzwischen klasse. Derihr angetraute Präsident stagniert bei rund der Hälfte und das schonlänger. Neben ihr drohe Sarkozy zu verblassen, ähnlich wie PrinzCharles, der "neben Lady Di nur noch als Mann mit großen Ohrenwahrgenommen wurde", lästerte bereits die gefürchtete PariserKlatsch-Kolumnistin Michele Stouvenot.

Dass der40-Jährigen binnen weniger Monate das Land weithin zu Füßen liegt,hätten wohl nur die wenigsten erwartet. Als "Präsidentin" hob das eherkonservative Polit-Magazin "Le Point" Madame Sarkozy vorige Woche sogaraufs Titelblatt. Ironisch war das keineswegs gemeint.

Carlawickelt alle ganz charmant um den Finger. Nach der eiligen Hochzeit imFebruar hatten sich viele Franzosen bei dem Gedanken geschüttelt, dass"so eine" ihr traditionsstolzes Land im Ausland repräsentieren sollte.Bourgeoise Italienerin mit linken Überzeugungen, Mutter einesunehelichen Sohns, Mannequin und Aktmodell, Sängerin und Vamp mitbeträchtlichem Männerverschleiß - doch Madame Sarkozy hat MademoiselleBruni rasch vergessen gemacht.

Die "Première Dame" hat das Recht auf eine eigene Karriere

Im Juli soll Carlas dritte CD erscheinen. DieTexte, die sie selbst geschrieben hat, werden wohl in den Politik-statt in den Kultur-Redaktionen rezensiert werden. Das fertig gemischteBand liegt wohl verschlossen irgendwo, wird zurzeit sicherer bewachtals die Bank von Frankreich. "Noch nie gab es einen derartigen Wirbelum ein Album, das noch nicht einmal auf dem Markt ist.

Alle Welt reißtsich drum", stöhnte Carlas Agent Bertrand de Labbey in gespieltemErstaunen.Alle Welt reißt sich vor allem um Carla. Kommtder 53-Jährige allein zu Terminen, ist die Enttäuschung mit Händen zugreifen. Vom anfänglichen "Handicap" zum größten Trumpf des Präsidenten- das beeindruckt.

"Die Tigerin hat ihre Krallen weggefeilt", lobteKlatsch-Expertin Stouvenot.Vom Raubtier zumSchmusekätzchen: Nachdem das exzessiv zur Schau gestellte Liebesglückdes präsidialen Paares viele vergrätzt hatte, legte Madame klug denRückwärtsgang ein. Beide üben sich in Diskretion, meiden die mondänenOrte, wo Tout-Paris sich über den Weg läuft.

Unprätentiös, fastschüchtern, gibt sich die "Première Dame", wenn sie - selten genug undstets unter dem strengen Auge eines Elysée-Wachhunds - Journalistenempfängt. Die jüngsten Pressefotos des Präsidentenpaares stammen vomPariser Großmarkt, wo sich "Nic" und "Carlita" morgens um 5 Uhr unterdie Vertreter jenes Frankreichs mischten, "das früh aufsteht" (Sarkozy)- Teil der Image-Strategie, die Disneyland und Pyramiden, Protz undGlamour vergessen machen soll.

"Sie wollte mitkommen. Ich musste sienicht wecken", verkündete der stolze Präsident den Metzgern in ihrenblutigen Schürzen.Darüber hinaus singt sie das hohe Liedihres Gatten. "Unvorstellbar, wie viel er arbeitet. Ich habe oft Angstum ihn", zitieren zwei Journalisten Madame Sarkozy in einem Buch, dasvorgibt, die wahre Geschichte der beiden zu beschreiben.

Carla hat mitihnen über das Privatleben geplaudert. Dass sie das Manuskript nichtmehr gegenlesen wollte, wird bewundernd hervorgehoben. Doch Madame wirdwohl gewusst haben, dass auch in diesem Fall ihr Charme gewirkt hatte.

Ihrglanzvoller Auftritt beim Staatsbesuch in Großbritannien, ihre Wandlungzur bewunderten Stil-Ikone, erfüllt viele, die sich eben noch für dieWahl ihres verliebten Präsidenten schämten, mit Stolz. Weit mehr alsdie Hälfte der Franzosen hat inzwischen auch nichts mehr daranauszusetzen, dass ihre First Lady ihre eigene Chanson-Karrierefortsetzt.

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