Sexueller Missbrauch: Drei Jahre Haft für 46-Jährigen

Im Berufungsprozess urteilte das Landgericht härter als die erste Instanz. Die Verteidigung hatte Freispruch gefordert.

Wuppertal. Drei Jahre Haft, so lautet das Urteil des Landgerichts gegen einen 46 Jahre alten Wuppertaler, der sich wegen des Vorwurfs des sexuellen Missbrauchs verantworten musste. Zwischen 1991 und 1998 soll er laut Staatsanwaltschaft zwei der vier Kinder seiner damaligen Freundin sexuell missbraucht haben. Das Gericht sah dies in der dritten Auflage des Prozesses als erwiesen an.

Waren 2003 noch mehr als 100 Fälle angeklagt, so galt es im aktuellen Berufungsprozess über vier Taten zu befinden, von denen zwei jedoch eingestellt wurden. Verteidiger Klaus Wülfing hatte Freispruch für seinen Mandanten gefordert. Die mutmaßlichen Opfer - die Schwestern sind heute 23und 27 Jahre alt - hätten eventuell unbewusst falsch ausgesagt: "Sie haben in ihm den Schuldigen gesehen, der dafür verantwortlich ist, dass ihr Leben nach dem Selbstmord ihres Vaters so schlecht verlaufen ist." Er könne auch eine bewusste Falschaussage der Frauen nicht ausschließen. Das sah das Gericht anders: Die Mädchen hätten keinen Grund gehabt, den Angeklagten zu belasten.

Die Schwestern hatten vor Gericht von einer Familie berichtet, die vom Schweigen geprägt ist. Nachdem sich der Vater 1990 das Leben genommen hatte, zog wenig später der Angeklagte als neuer Freund der Mutter ein. Schnell habe es Probleme gegeben. Lautstarke und zuweilen handgreifliche Auseinandersetzungen des Mannes mit der Mutter hätten die Zeit geprägt. Einmal habe er unter Alkohol eines der Mädchen derart gegen ein Treppengeländer geschubst, dass sie sich den Arm brach. Über die angeblichen sexuellen Übergriffe schweigen die Schwestern - bis heute. Nicht mit ihrer Mutter, nicht miteinander haben sie seither über die Ereignisse gesprochen, über die sie bereits in mehreren Verfahren aussagen mussten. Während sich die ältere der Schwestern vorübergehend in Drogen flüchtete, heute jedoch nach eigenen Aussagen glücklich mit ihrer eigenen Familie lebt, hatte die Jüngere mit Depressionen zu kämpfen.

Zur Anzeige war es 2003 gekommen, als sich die Familie im Fernsehen einen Beitrag über missbrauchte Kinder ansah. Die Mutter, inzwischen von dem Angeklagten getrennt, habe geschimpft: "Ich verstehe Mütter nicht, die nicht mitbekommen, was mit ihren Kindern geschieht." Darauf sei die ältere Schwester mit den Worten aufgesprungen: "Du warst zehn Jahre blind und blöd." Da ging die Mutter zur Polizei. Nur einmal will die Mutter einen beunruhigenden Vorfall beobachtet haben. Damals sei ihr Freund in Shorts mit ihrer Tochter herumgetobt - sichtlich erregt. Das sei völlig normal, habe er ihr gesagt. Sie besprach sich mit ihrem Schwager sowie dem Kinderschutzbund, doch fortan habe sie nichts Verdächtiges mehr gesehen. Unter Tränen sagte sie vor Gericht: "Ich habe ihm das nicht zugetraut."

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort