Begrabt mein Herz in Wuppertal Mit dem ÖPNV ins Liebesglück

Unser Kolumnist fährt regelmäßig mit dem Bus nach Solingen — nicht immer ganz einfach.

Begrabt mein Herz in Wuppertal: Mit dem ÖPNV ins Liebesglück
Foto: Joachim Schmitz

Wuppertal. Aus amourösen Motiven reise ich seit gut sechs Monaten nicht selten in unsere kleine Nachbarstadt Solingen. Der nordirische Fußballspieler George Best antwortete einmal auf die Frage, wofür er sein ganzes Vermögen ausgegeben hat: „Ich habe viel von meinem Geld für Alkohol, Weiber und schnelle Autos ausgegeben. Den Rest habe ich einfach verprasst.“ Wäre ich vermögend, würde meine Antwort auf diese Frage nur unwesentlich anders ausfallen: „Ich habe mein ganzes Geld für Alkohol, Weiber und ein Ticket 1000 der Wuppertaler Stadtwerke ausgegeben. Den Rest habe ich einfach durch den Kauf von Zusatztickets nach Solingen-Widdert verprasst.“

Ja, ich habe weder Führerschein noch Auto und muss die Fahrt in mein Liebesnest in die Obhut der Betreiber des Öffentlichen Nahverkehrs geben. Da mein Ticket 1000 für das Stadtgebiet Wuppertal gültig ist, muss ich mir für die Linien 683 und 684 ein Zusatzticket kaufen. Nachfolgend schildere ich Ihnen meine ersten drei Busfahrten in die Klingenstadt.

Da die Linie 683 auf dem Weg nach Solingen noch einige Haltestellen innerhalb von Wuppertal anfährt, war mir klar, dass mein Ticket 1000 erst ab einer bestimmten Haltestelle nicht mehr nutzbar ist. Ich wies mich also als Besitzer eines Monatstickets aus und fragte den Busfahrer, wie viel ich bis Solingen-Widdert zuzahlen müsse. Der Mitarbeiter der Stadtwerke Solingen überlegte eine lange Weile und eröffnete mir dann, dass es wohl 2,70 Euro wären.

Bei meiner zweiten Reise traf ich auf einen strengeren Fahrer. Er verlangte von mir, mein Ticket 1000 erstmal an das Lesergerät zu halten. „So, Ihr Ticket gilt bis Roßkamperstraße. Wenn wir diese Haltestelle erreicht haben, kommen Sie wieder zu mir und kaufen das Zusatzticket.“ Wie befohlen, tat ich dies - der Mann war wohl Oberleutnant der Reserve. Mein Ziel erreichte ich dann für 3,70 Euro.

Vor meiner dritten Fahrt mit dem Bus hatte ich schon ein bisschen Bammel, ob ich denn genug Bargeld dabei hätte. Da mein Portemonnaie an diesem Tag aber reichlich gefüllt war, tat ich etwas völlig Verrücktes, ich verschwieg dem Busfahrer mein Ticket 1000 und verlangte einfach eine Fahrkarte bis Widdert.

Der freundliche, türkischstämmige Fahrer überlegte beängstigend lange und fragte mich: „Günstiger ist A oder wollen D?“ „Bitte so günstig wie möglich!“ antwortete ich etwas verunsichert. Dann tippte er übertrieben oft in den Automaten, und unzählige Fahrscheine sprangen heraus. Mir brach der Schweiß aus. Am Ende gab er mir drei Tickets für insgesamt 4,20 Euro. Die anderen Fahrscheine zerknüllte er und warf sie zu Boden.

Verstanden habe ich das alles nicht. Mein Ticket 1000 wollte ich im Nachhinein jetzt nicht ins Spiel bringen, ich hätte zwar eventuell 30 bis 50 Cent gespart, aber zu groß wäre die Verwirrung geworden.

Ich überlege jetzt, mir ein Bärenticket zuzulegen. Das gilt für ganz NRW. Und bei meiner nächsten Fahrt nach Solingen halte ich es dem Busfahrer unter die Nase und muss ihm nicht einmal mitteilen, wo ich hin will.

Vielleicht werde ich ihn auch anlächeln und mit folgender Tatsache konfrontieren: „Wissen Sie eigentlich, dass ich mit dem Bärenticket ohne Zusatzfahrschein bis nach Venlo fahren kann?“ Aber ich lass das lieber, am Ende antwortet er womöglich: „Da sind Sie hier aber ganz falsch, der Bus fährt nur bis Solingen Burger Bahnhof.“

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