Für den Stadtteil Der Wuppertaler Bob-Campus ist ein neuer Treffpunkt im Quartier

Wuppertal · Die Montag-Stiftung hat die ehemalige, rundum sanierte Textilfabrik eröffnet.

 Der Bob-Campus bietet eine tolle Aussicht vom Dach auf Wuppertal.

Der Bob-Campus bietet eine tolle Aussicht vom Dach auf Wuppertal.

Foto: Fischer, Andreas H503840

„Ist das unglaublich!“, entfuhr es Uwe Schneidewind und sogar etwas, das wie „Boah!“ klang: Zur Eröffnung des Bob-Campus in Wichlinghausen war der Oberbürgermeister auch von der neuen Dachterrasse merklich begeistert. Allseits bester Dinge zeigten sich Akteure und Nachbarn in dem einstigen Fabrikgebäude, das runderneuert ein Zentrum des Lebens werden soll.

Arbeiten, Wohnen und Lernen sind einige der Bereiche, die in dem Komplex künftig eine Heimat haben sollen oder schon gefunden haben. Funktion und Gestaltung wurden neu konzipiert, an der Adresse, an der eine traditionsreiche Textilfabrik einst bankrott ging. „Bob“ steht für „(August) Bünger Textilwerk Oberbarmen“.

In die Hand genommen wurde die Zukunft des Orts dann von der Montag-Stiftung Urbane Räume, in Kooperation mit der Stadt. Die Stiftung mit Sitz in Bonn hat zum Ziel, brachliegende Immobilien und Grundstücke für die Allgemeinheit nutzbar zu machen. Sie arbeitet nach dem Prinzip „Initialkapital“: Investitionen sollen dauerhaft eine soziale Rendite erzielen. Start-up-Unternehmen sollen auf dem Bob-Campus neben Bewohnern und Initiativen zu den Mietern gehören. Überschüsse aus der Bewirtschaftung gehen an Akteure im Quartier. Das heißt nicht zuletzt: Hatte der finanzielle „Startschuss“ Erfolg, soll das Projekt sich selbst tragen.

„Darüber freut sich auch ein Kämmerer“, bekannte Sozialdezernent Stefan Kühn mit Blick auf Wuppertals „Finanzchef“ Johannes Slawig beim Empfang auf der Dachterrasse. Er stellte in seinem Grußwort das Wort „Entwicklungspotenzial“ der oft gehörten Klage „Quartier mit Erneuerungsbedarf“ entgegen – die damals freilich einen sicher realen Befund benannte. Man bewarb sich neben weiteren Kommunen bei der Stiftung. Bei Slawig klang der Eindruck an: Punkten konnte er für Wuppertal auch damit, schon konkrete Ideen für die Nutzung zu haben.

Zum Ergebnis, das nun frisch zur Einweihung kam, soll ein ungewöhnlicher Mix aus Funktionen gehören: Zu Büro- und Coworking-Flächen kommt eine Kita, die ihren Betrieb sicht- und hörbar schon aufgenommen hat. Die benachbarte Max-Planck-Realschule betreibt kreative Lernräume, auch ein Offener Ganztag für Grundschüler findet hier Platz. Ateliers, Wohnungen, Gastronomie: Das Nutzerfeld ist breit.

Besonderes Element des Bob-Campus wird laut Plan die Nachbarschaftsetage: Dieses separate Stockwerk soll eigens sozialen Initiativen sowie Anwohnern für Gemeinschaftsprojekte zur Verfügung stehen. Anlaufstellen für die zahlreichen Nationalitäten im Viertel sollen dazu gehören; für gemeinsames Kochen steht dieses „Herz des Projektes“ ebenso bereit wie für kollektive Kreativität.

Viele Akteure haben für
das Projekt zusammengewirkt

Mochte nun das Wort „Erneuerungsbedarf“ einst das Quartier zu negativ sehen oder aber realistisch: Es fiel auf, wie aufmerksam und prominent nun die Eröffnung begleitet wurde. Beim großen Hauptteil nach der kleinen Terrassen-Runde schien am Ort des einstigen „Problemstadtteils“ so ziemlich alles präsent, was Rang und Namen hat. Abgeordnete von Bundes- wie Landtag waren zu sehen, unter anderem Anja Liebert (Grüne) und Josef Neumann (SPD), auch Andreas Mucke, der 2017 als Oberbürgermeister Entscheidungsträger für den Campus war. Unter den zahlreichen Besuchern war auch Opernintendant Berthold Schneider.

Zudem spielte das Sinfonieorchester – was Uwe Schneidewind in seiner Ansprache für Bilder nutzte, da Sinfonie Zusammenklang heißt: „Die Begeisterung vieler Musiker kommt zusammen“, umschrieb er das gemeinsame Wirken verschiedener Akteure für den Campus. Als Komponistin im übertragenen Sinn bezeichnete er Stiftungsfrau Johanna Debik, die im Viertel passende Akteure zusammengesucht habe.

Diese wiederum nahm in ihrer persönlich wirkenden Ansprache ein Wortpaar auf: Als sie den „Charme“ des Viertels lobte, lag klanglich die „Scham“ nahe, die noch vor Kurzem so mancher Anwohner hier über den eigenen Stadtteil empfunden habe. Danach sah es nun bei der Eröffnung nicht aus. Aufbruch wie Erleichterung lagen in der Luft – oder wie es Architektin Ragnhild Klüßmann formulierte: „Jetzt legen wir die Hebel um – von Bau auf Betrieb.“

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