Attraktiv mit Handicap: Medizin trifft auf Design

Beim „ID Showcase“ stellten Diplomanden ihre Arbeiten rund um das Thema Gesundheit einem Prüfungsteam vor.

Wuppertal. Schulterfreies Top und ansehnliche Kurven, eng anliegendes T-Shirt und pralle Muskelberge. Die Studierenden Jessica und Oliver sehen aus, als wären sie soeben aus der schönen neuen Welt geschnitten. Dennoch würden sie aus jedem Beauty-Contest gekickt, wenn sie zu ihrem Outfit eine Armprothese tragen würden.

Der knifflige Fall, dem Schicksal ein Schnippchen zu schlagen, lieferte dem Industriedesigner Stephan Merkle den Ausgangspunkt für seine Diplomarbeit "Körperprothesen - Akzeptanz und visuelle Funktionen im sozialen Umfeld". Im sachlichen Ton, den eigentlich eher Mediziner als Designer anschlagen, stellte Merkle am Freitag seine Arbeit einer kritischen Riege von Kommilitonen und Professoren vor und punktete mit großem Einfühlungsvermögen in ein heikles Thema.

Denn die schöne Welt des Scheins tut sich schwer damit, Attraktivität und Versehrtheit miteinander zu vereinen. Bemerkenswert bleibt, dass auch Merkles Design zu kaschieren versucht. Es sei, sagt er, ein hohes Anliegen von Prothesenträgern, auch einmal ganz normal sein zu dürfen, keine dummen Fragen und keine neugierigen Blicke auf sich zu lenken.

Themen rund um Medizin und Gesundheit bestimmten sieben von 13 Diplomarbeiten, die am Freitag im Rahmen von "ID Showcase" dem Prüfungsteam vorgestellt wurden: eine mobile Sauerstoffversorgung von Patienten mit Lungendefizit, ein Laien-Defibrilator für lebensverlängernde Maßnahmen bei Herzkammerflimmern oder ein medizinischer Assistent für Klinikpersonal.

Da zeigt sich, wie intensiv die Studierenden auf die Regeln des Marktes schauen und sich dem widmen, was Umsatz verspricht. Nicht eine Kreation schielte an den gängigen Strategien der Industrie vorbei, selbst der "Innovationsentwicklung am Beispiel eines Winkelschleifers" wären im Heimwerkerbereich Erfolge zuzutrauen.

Was fehlte bei diesem Showcase, war die Vision abseits der Module, der Sprung jenseits dessen, was einst das Bauhaus in die Welt setzte.

Ein wenig visionär wirkten allenfalls die "Digitalen Optischen Systeme", mit denen Christoph Borgmann den Städtetourismus revolutionieren möchte. Da steht mit Ausrichtung auf den Kölner Dom eine "Augmented Sightseeing Unit", auf der man - wie auf dem Handy, nur größer - Einblicke ins Domgeschehen erhält. Ein möglicher Weg und doch wieder einer, der noch tiefer ins virtuelle Ersatzleben führt.

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