Kleines Einmaleins der Klassengrößen

Zurzeit wird viel über Klassengrößen und Schülerzahlen diskutiert. Ein Blick in Wuppertals Schulen zeigt: Die Klassengrößen sind selten das Problem, eher das Personal.

Wuppertal. Die Grundschulwelt in Ronsdorf war lange Zeit eine heile Welt, bis das Schulamt auf den Südhöhen zu Lenkungsmaßnahmen griff und prompt die Elternschaft gegen sich aufbrachte. 67 Anmeldungen für das kommende Schuljahr lagen für die Grundschule Engelbert-Wüster-Weg vor. Theoretisch wären damit drei Züge möglich gewesen. Doch laut Ratsbeschluss darf die beliebte Grundschule nur zweizügig fahren. Basis dafür ist der Grundschul-Entwicklungsplan.

Am Engelbert-Wüster-Weg mussten neun Kinder abgewiesen und an die Ferdinand-Lasalle-Straße umgelenkt werden, wo die Anmeldezahlen eher unter dem Soll geblieben sind. Während die betroffenen Eltern von "ungleichen Bildungschancen" sprechen, kann Schuldezernent Matthias Nocke nur die Statistik bemühen: "Und die zeigt, dass in Ronsdorf nach wie vor ein bis zwei Züge zu viel am Netz sind."

Zügigkeit und Klassenstärke sind zu Beginn jedes Schuljahres mit Hoffen und Bangen verbunden. Die Klassen-Richtgrößen von 25 Schülern, die Schulministerin Barbara Sommer zuletzt im WZ-Interview als Zielgröße vorgegeben hat, ist da keine große Hilfe. Denn im Durchschnitt liegen die Grundschulklassen in Wuppertal noch unter diesem Wert. Zulässig sind aber Gruppengrößen von 18 bis 30 Schülern. Und auch diese Extreme werden in Wuppertal ausgereizt.

Selbst wenn in der Nachbarschule mit 18 Kindern Gruppen in ihrer Existenz bedroht sein mögen, müssen nachgefragte Schulen dennoch bis an die Höchstgrenze gehen, weil Eltern ihre Sprösslinge sonst einklagen können. "Die Beliebtheit einer Schule hängt vom pädagogischen Personal ab", weiß Nocke und kann gleichwohl wenig Rücksicht darauf nehmen. Denn nicht die Zügigkeit, sondern die Zahl der Schüler insgesamt entscheidet über die Personalzuteilung. Im Grundschulbereich kommt ein Lehrer auf exakt 23,42 Schüler. "Die Rechnung ist einfach: Große Gruppen bedeuten: bessere Lehrerversorgung", erklärt Schulrat Michael Reichert.

Soweit die Theorie: "Mit den Gruppengrößen kommen wir stadtweit hin", sagt Ingeborg Hanten (Grundschule Marienstraße), Mitglied im Schulausschuss. "Das Problem sind die Vertretungsreserven. Sie reichen nicht aus und führen zu Unterrichtsausfällen."

An den weiterführenden Schulen ist das Problem hingegen ganz anders gelagert. Schulministerin Sommer gibt als Klassengröße zum Beispiel für Gymnasien 28 Schüler vor. In Wuppertal liegt der Schnitt leicht darüber, möglich sind bis zu 30 Schüler pro Klasse. "Doch die Klassengrößen sind gar nicht unser Problem", sagt Karl W. Schröder (Carl-Fuhlrott-Gymnasium), Sprecher der Wuppertaler Gymnasium. Auch der Stellenplan bereitet ihm keine Sorgen. "Der Personalschlüssel für die Gymnasien war noch nie so gut. Da können wir nicht klagen."

Allerdings haben die Schulen Probleme, die Stellen auch zu besetzten. Vor allem bei den Sprachen, in den naturwissenschaften und den technischen Fächern suchen die Gymnasien händeringend qualifiziertes Personal, obwohl die Schulen auch auf Seiteneinsteiger zugreifen können. "Da stehen wir auch im Wettbewerb untereinander", so Schröder.

In NRW gibt es Gymnasien ohne Lateinlehrer. So groß ist die Not in Wuppertal noch nicht, die Stadt profitiert vielmehr von der universitären Lehrerausbildung vor Ort.

2013 wird aber auch an den Gymnasien alles anders. Wenn der letzte Abiturjahrgang nach Jahrgangsstufe 13 die Schulen verlässt, dann verkehrt sich die Situation ins Gegenteil und die Gymnasien haben zu viele Lehrer.

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