WWF sieht Risiken bei Kraftwerk

Laut einer WWF-Studie zählt das Kraftwerk Neurath zu den 30 gesundheitsschädlichsten Meilern in Europa.

WWF sieht Risiken bei Kraftwerk
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Grevenbroich. Das Kohlekraftwerk Grevenbroich-Neurath gehört einer aktuellen WWF-Studie zufolge zu den 30 gesundheitsschädlichsten Meilern in Europa. Die wissenschaftliche Auswertung der Tierschutz- und Umweltorganisation führt das Kraftwerk im europäischen Vergleich auf dem elften Rang. Sie macht die Feinstaub-Emissionen des Meilers für 410 vorzeitige Todesfälle im Jahr 2015 verantwortlich. Deutschlandweit schneidet nur das im Rhein-Erft-Kreis gelegene Kraftwerk Niederaußem (450 Todesfälle) noch etwas schlechter ab. Auch bei den CO2-Emissionen steht das Grevenbroicher Kraftwerk in der Studie nicht sonderlich gut da. Mit einem Ausstoß von 32,1 Megatonnen im vergangenen Jahr belegt Neurath im europäischen Vergleich Platz zwei hinter dem polnischen Meiler Belchatów.

Tobias Kretschmar, Leiter der Onkologie am Dormagener Kreiskrankenhaus

Die WWF verweist in ihren Ausführungen auf aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse und führt als Belege Aussagen von Fachmedizinern an, die sich in ihrer täglichen Arbeit mit dem Thema Feinstaub auseinandersetzen.

Der Kraftwerksbetreiber RWE dagegen bestreitet die Aussagekraft der Auswertung. „Die Aussagen der WWF-Studie zu den Gesundheitsrisiken teilen wir nicht“, sagte Unternehmenssprecherin Stephanie Möller. Wichtige Relationen würden von der Studie schlicht ausgeblendet, wesentliche Erkenntnisse zum Thema Feinstaub unterschlagen, um auf diese Weise die Kohle zu diskreditieren. Modellrechnungen für Europa zeigten, dass der Anteil von Feinstaub aus allen europäischen Kohlkraftwerken im Vergleich zu allen anderen Feinstaubquellen, die Menschen zuzurechnen sind, nur etwa fünf Prozent beträgt.

Darüber hinaus würde in der Studie ein wissenschaftlich nicht verwendbarer Ansatz verfolgt. „In der Analyse werden aus fiktiven Gesundheitsfolgen mit sehr geringen Risiken durch eine geschickte Rechnung als real anzunehmende vorzeitige Todesfälle ermittelt“, erläuterte die Sprecherin. „Damit wird ein sinnvolles Verfahren zur Technologiefolgenabschätzung bewusst und fehlerhaft zu einem augenscheinlichen Argument gegen die Kohle instrumentalisiert.“

Tobias Kretschmar, Leiter der Onkologie am Dormagener Kreisrankenhaus, weist ebenfalls darauf hin, dass die Studie mit Vorsicht zu genießen ist. „Solche Auswertungen sind immer etwas heikel“, sagte der Mediziner. „Der konkrete Zusammenhang zwischen Feinstaubbelastung und dem Ausbruch von Krankheiten ist nur schwer nachzuweisen.“ Besonders bei Krebserkrankungen spielten häufig viele unterschiedliche Faktoren eine Rolle, so dass sich der Rückschluss auf Feinstaub als Auslöser schwierig gestaltet. Aus demselben Grund sei es aber eben auch nicht grundsätzlich auszuschließen, dass durch Feinstaubemissionen ein erhöhtes Erkrankungsrisiko besteht.

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