Staatsanwalt fordert vier Jahre Haft

Prozess gegen ehemaligen Klinikchef neigt sich dem Ende zu.

Mönchengladbach. Vier Jahre Haft und ein fünfjähriges Berufsverbot hat Staatsanwalt Lothar Gathen gestern Nachmittag im Prozess gegen den früheren Chefarzt und Betreiber der Wegberger St. Antonius-Klinik gefordert. Es geht um Körperverletzungen, teilweise mit Todesfolge und eine fahrlässige Tötung. Seit September 2009 steht Arnold Pier deswegen vor dem Mönchengladbacher Landgericht.

Insgesamt neun Sachverständige der verschiedenen Fachrichtungen wurden gehört, zwei mussten wegen Befangenheit wieder gehen. Dass sich der Prozess jetzt dem Ende zuneigt, ist dem Paragraphen 257 c der Strafprozessordnung zu danken. Gericht, Staatsanwaltschaft und Verteidigung trafen eine Absprache. Die Richter erklärten Ende Februar, wie sie die bereits verhandelten und noch nicht verhandelten Fälle nach Aktenlage rechtlich bewerten, zu welchem ungefähren Strafmaß sie kommen könnten.

Die Staatsanwaltschaft stimmte zu — und Pier legte ein entsprechendes Geständnis ab. Ansonsten war damit gerechnet worden, dass sich der Prozess noch mindestens weitere anderthalb Jahre hinziehen würde. „Es ist ein Teilerfolg, einen Arzt mal dazu zu bringen, Fehler einzugestehen“, sagte nach dem gestrigen Prozesstag Gerhard Lenzen (51). Seine Mutter hatte zu den Opfern gehört. Für ihn besonders bitter: „Als Mutter auf der Intensivstation lag, war die Staatsanwaltschaft schon im Haus.“ Trotzdem habe sich nichts geändert.

Das könnte daran liegen, dass Pier — wie sein Verteidiger Rolf-Werner Bock im Plädoyer erläuterte — überzeugt gewesen sei, zu jedem Zeitpunkt das Richtige zu tun. „Herr Dr. Pier ist beseelt vom Arzt-Sein, davon, Menschen zu helfen“, sagte Bock. Das mögliche Motiv der Gier — Pier habe vielleicht mit aller Gewalt Patienten in sein Krankenhaus holen und teure Operationen durchführen wollen — das zu Anfang des Prozesses einmal im Raum gestanden hatte, wies er noch einmal entschieden zurück: „Das Behandlungsverhalten war nicht von Wirtschaftlichkeit geprägt, tatsächlich hat er sehr unwirtschaftlich gearbeitet.“

Auch für die Staatsanwaltschaft bleibt das eigentliche Motiv im Dunklen. Gathen sprach von „Beratungsresistenz“ und „Selbstüberschätzung“. Lenzens Nebenklageanwalt Arno Schiemann erhob in seinem Plädoyer auch Vorwürfe gegen die Stadt Wegberg. Man müsse fragen, ob eine Kommune einfach ein Krankenhaus zu einem Spottpreis ohne Prüfung eines möglichen Konzepts verkaufen könne.

In seinem Schlusswort versuchte Pier eine Entschuldigung: „Ich kann nur sagen, dass mir meine Fehler tief empfunden und aufrichtig leid tun.“ Das Urteil soll am kommenden Montag verkündet werden.

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