Klärwerk kämpft gegen Wattestäbchen

Die Hygieneartikel gehören nicht in die Toilette. Neben ihnen machen Feuchttücher und anderer Müll dem Niersverband das Leben schwer.

Neersen. Feuchttücher, Wattestäbchen, Zigarettenkippen, Katzenstreu — oft wird die Toilette als Abfalleimer genutzt. Was gedankenlos passiert, hat weitreichende Folgen für die Abwasserrohre — sie können verstopfen und müssen auf eigene Kosten gereinigt werden —, aber insbesondere auch für die Klärung des Wassers.

Ein besonderes Problem stellen unter anderem die Feuchttücher wie Baby- oder Hygienetücher dar: „Feuchttücher zerfallen nicht wie Toilettenpapier. Es bilden sich lange, verfilzte, zähe Stränge, die nicht nur die Kanalisation verstopfen, sondern auch die Pumpen. Sie bringen sie zum Stillstand“, sagt Margit Heinz, Stabsstellenleiterin Kommunikation des Niersverbandes. Die Störungen im Kanalnetz sind aufwendig und teuer zu beheben. Kosten, die letztlich alle Verbraucher tragen.

Aber nicht nur in der Kanalisation gibt es Probleme: Ein Meer von Wattestäbchen ziert immer wieder die Belebungsbecken der Kläranlage des Niersverbandes. Sie müssen separat entfernt werden, wobei sie eigentlich gar nicht auftauchen dürften. Denn Wattestäbchen gehören nicht in die Toilette, sondern in den Mülleimer. Die Stäbchen sind so schmal, dass sie durch die Rechen der Kläranlage schlüpfen.

Die Rechen gehören wie der Sandfang und die Vorklärung zu der sogenannten mechanischen Reinigung. Bei ihnen bleiben grobe Verunreinigungen hängen, wobei das Rechengut in die Müllverbrennung geht. Im Sandfang sinken Teilchen, die die Dichte von Sand haben, auf den Boden. Es handelt sich um mineralische Stoffe, die aufbereitet und für den Straßenbau genutzt werden. Schwebstoffe sinken hingegen in der Vorklärung auf den Grund. Der so entstehende Schlamm geht in den Faulturm. Dort entsteht Klärgas, das wiederum für das hauseigene Blockheizkraftwerk der Kläranlage genutzt wird. „Wir können unseren eigenen Energiebedarf zu 70 Prozent aus dem Blockheizkraftwerk decken“, erklärt Heinz.

Der Faulturm muss auf 38 Grad beheizt werden, damit die Vorgänge dort laufen. Der weitere Schlamm aus dem Faulturm wird über Zentrifugen entwässert, wobei der restliche Schlamm in die Verbrennung geht. Bei der Reinigung des Abwassers schließt sich der mechanischen Reinigung die biologische an. Im Wasserbelebungsbecken vermischt sich Bakterienschlamm mit dem Wasser. Bis zu 95 Prozent der Kohlenstoff-, Stickstoff- und Phosphorverbindungen werden so abgebaut.

Es folgt das Nachklärbecken. In diesem setzt sich der Bakterienschlamm auf dem Boden ab. Der Überschuss wird abgezogen und erneut dem Belebungsbecken zugeführt. „Die chemischen Veränderungen sind für die Bakterien quasi das Futter. Sie vermehren sich und arbeiten für uns“, erklärt Heinz. Danach führt der Niersverband das gereinigte Wasser über den Nierssee in die Niers ab. Alles, was nicht in die Toilette gehört, behindert die Klärung des Abwassers.

Dazu kommt: In der Toilette entsorgte Essensreste ziehen Ratten an. Probleme, die nicht aufträten, wenn jeder das „stille Örtchen“ nur für das benutzt, für das es eigentlich vorgesehen ist und es nicht als Mülleimer mit Wasserspülung missbraucht.

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