Hinter den Rathaus-Mauern rumort es

Die Verwaltung gibt derzeit kein gutes Bild ab. Ein Beispiel dafür sind die Abläufe zum verzögerten WLAN-Ausbau in den Schulen.

Hinter den Rathaus-Mauern rumort es
Foto: Kurt Lübke

Kempen. Ausbau der Kitaplätze, Sanierung der Schulen und des Rathauses, Neubau eines Verwaltungssitzes, Umbaupläne für die Burg — das ist nur ein kleiner Auszug aus der Liste mit zukunftsweisenden Aufgaben, die die Kempener Verwaltung bewältigen will und muss. Statt sich mit diesen großen Aufgaben zu beschäftigen, verlieren sich die Verantwortlichen derzeit zum Teil im Klein-Klein. Von „angespannt“ über „schlecht“ bis zu „total mies“ beschreiben Mitarbeiter und Politiker gegenüber der WZ derzeit die Stimmungslage im Rathaus. Hinter den Mauern am Buttermarkt und in den Nebenstellen rumort es.

Analyse

Sinnbild der derzeitigen Abläufe war ein Pressetermin in der vergangenen Woche. Über die Pressestelle wurden die Medien zu einem Gespräch zum Thema „WLAN-Ausbau an den Schulen“ eingeladen. Dabei sollte es um das bisherige Verfahren, das bekanntlich arg verzögert läuft, und die künftigen Perspektiven gehen. Die Gesprächspartner Jürgen Ripkens, Leiter des Rechnungsprüfungsamtes (RPA), und Schuldezernent Michael Klee überraschten die Journalisten allerdings mit einem anderen Aspekt des Themas WLAN.

Ripkens machte im Gespräch deutlich, dass er sich im Schulausschuss und in der anschließenden Berichterstattung darüber zu Unrecht kritisiert gefühlt hat. Dezernent Klee hatte die Verzögerungen unter anderem damit begründet, dass das Rechnungsprüfungsamt Bedenken wegen der Rechtmäßigkeit der Vergabe angemeldet habe. Als dann doch die Zeit für eine Auftragsvergabe reif gewesen sei, sei die entsprechende IT-Firma nicht mehr verfügbar gewesen.

Michael Klee machte aber im Schulausschuss auch deutlich, dass er dem Rechnungsprüfungsamt keineswegs den Schwarzen Peter zuschieben wolle (die WZ berichtete). Das Amt mache seinen Job — möglicherweise müsse man aber generell über Entscheidungsstrukturen nachdenken, so Klee im Ausschuss am 14. November.

Amtsleiter Ripkens wiederum überreichte den Journalisten jetzt beim Pressetermin eine schriftliche Stellungnahme zum Ablauf des WLAN-Projektes. Demnach gibt es seit 27. Juni einen Beschluss des Rates, 190 000 Euro für den WLAN-Ausbau außerplanmäßig in den laufenden Haushalt einzustellen. Und diesen Auftrag auch freihändig — also ohne Ausschreibung — zu vergeben. „Warum die Verwaltung nach dieser Beschlussfassung keine Auftragsvergabe durchführte, entzieht sich meiner Kenntnis“, so Ripkens vielsagend. Er teilt mit, dass seit 24. Juli ein Angebot einer Firma vorlag. Danach hätte eine zeitnahe Beauftragung erfolgen können.

Stattdessen habe das zuständige Dezernat erst am 29. September eine freihändige Vergabe — innerhalb des Rahmenvertrags mit dem Kommunalen Rechenzentrum (KRZN) — statt einer vorgeschriebenen öffentlichen Ausschreibung beantragt. Auf Nachfrage sagte Ripkens der WZ, dass das RPA bei freihändigen Vergaben immer angehört werden müsse. Sollten Bedenken folgen, liege die Entscheidung aber letztlich immer in der Hand des Bürgermeisters. Gegen den Plan zur freihändigen Vergabe des Dezernates Klee erhob das RPA laut Ripkens am 5. Oktober Bedenken. Begründung: Es habe kein notwendiger Nachweis (KRZN) dafür vorgelegen. „Das hat sich inzwischen bestätigt“, sagt Jürgen Ripkens.

Nach Angaben des Amtsleiters wurden die außerplanmäßigen Mittel in Höhe von 190 000 Euro am 12. Oktober durch das Fachamt beantragt und dann am 18. Oktober „dort gebucht“. Einen Tag nachdem im nichtöffentlichen Teil der Ratssitzung ein weiterer Beschluss zum Thema WLAN gefallen sei.

Bis zu diesem Zeitpunkt habe dem RPA seit Ende Juni nicht einmal ein Papier zur vorgeschriebenen Vergabeprüfung vorgelegen. „Dies geschah erst am 20. Oktober. Noch am gleichen Tag wurde dies von der Rechnungsprüfung bearbeitet und mit den gleichen Bedenken zurückgegeben“, so Ripkens, der auf Nachfrage erneut sagt, dass die letztlich Genehmigung nicht in Sache des RPAs, sondern des Bürgermeisters sei. „Zu keinem Zeitpunkt wurde von der Verwaltung in Erwägung gezogen, den Aufbau der WLAN-Architektur an den weiterführenden Schulen auszuschreiben. Warum es dann wiederum noch einmal über drei Wochen gedauert hat, bis der Bürgermeister oder sein Vertreter den Auftrag letztendlich unterschrieben hat, kann ich nicht beantworten“, teilt Jürgen Ripkens mit. In jedem Fall habe das RPA in „keinster Weise“ die Auftragsvergabe verzögert.

Bürgermeister Volker Rübo, zu dessen Dezernat A das Rechnungsprüfungsamt gehört, sagt auf WZ-Anfrage, dass er die Auftragsvergabe am 13. November unterzeichnet habe. Zur „Liegezeit“ sei es unter anderem wegen verschiedner Urlaube in den Dezernaten und der Schließung der Verwaltung in der Woche des Doppelfeiertags (Reformation und Allerheiligen) gekommen. Rübo selbst habe das Papier dann gleich nach der Rückkehr aus seinem Urlaub unterschrieben.

Zum gesamten Verfahren in Sachen WLAN sagt der Bürgermeister, dass dies „ausgesprochen unglücklich“ gelaufen sei. „Wir sollten daraus lernen und die Strukturen für solche Entscheidungen verändern“, so Rübo. Dabei sieht der Bürgermeister aber auch die übergeordnete Kommunalgesetzgebung in der Pflicht. Darin sei er sich einig mit Dezernent Klee, der das Verfahren aus diesem Grund so ausführlich im Schulausschuss thematisiert habe.

Gelegenheit zu einer internen Strukturveränderung bietet sich schon in Kürze. Bekanntlich liegt eine umfangreiche Studie des Beratungsunternehmens Allevo zu einer Verwaltungsreform vor — mit exakt 147 Handlungsempfehlungen. Intern berät die Verwaltung dazu in Kooperation mit einem Gremium, dem die politischen Fraktionen angehören. Erste Ergebnisse dieses Großprojektes soll es im nächsten Jahr geben. Wieder so eine große Aufgabe, für deren Bewältigung ein Klein-Klein-Spiel fehl am Platz ist.

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