Erlöserkirche: Krippe mit neuen Figuren

In den filigranen Engeln und Weisen stecken hunderte Stunden Arbeit. Einige von ihnen sind zum ersten Mal zu sehen.

Hilden. Eine Engelsfigur schwebt über dem Feld, die Flügel ausgebreitet. Ihre rechte Hand weist den Weg zum Stall von Bethlehem, zur Wiege des Christuskindes — aber sie wendet sich nicht zu den Hirten unter ihr.

Unverwandt schaut sie mit weit geöffneten Augen zum Betrachter nach oben. „Das Gesicht ist ein Porträt. Direkt von vorn wirkt es am besten“, sagt Krippenbauerin Annette Hiemenz.

Seit Donnerstag ist die große Krippe der evangelischen Erlöserkirche neu aufgebaut. Im schlicht gemauerten Gottesdienstsaal an der St. Konrad Allee schlängelt sich ein Fluss um einen Weinberg, gehen Wirtsleute und Handwerker ihrer Arbeit nach. Überragt wird alles vom großen Christbaum am Altar.

„Den Baum haben wir gleich nach dem Gottesdienst am letzten Sonntag aufgestellt“, sagt Pfarrer Johannes Rönsch. Die Krippe ruht auf schweren Steinen auf den Altarstufen, kübelweise Sand und Mulch sind dazwischen ausgebreitet. „Alles zusammen genommen haben bestimmt 20 Gemeindemitglieder beim Aufbau geholfen.“

Neu in diesem Jahr ist die Engelsgruppe. Für die Zeit nach dem Dreikönigsfest gibt es jetzt eine neue Heilige Familie — mit einem etwa dreijährigen Christuskind, das auf dem Schoß Marias steht. „Das entspricht der Darstellung in alten Gemälden“, sagt Pfarrer Johannes Rönsch.

Ebenfalls neu sei die Figur „die Neugier“: eine Frau im modernen Kostüm und mit Handtasche lugt durch ein Gebüsch zum Stall. „Das könnte die Haltung vieler Menschen heute sein: Sie schauen vorsichtig auf die Krippe, neugierig, ob das etwas für sie ist“, sagt Rönsch.

Ein Fischer und ein Bauer gehen ihrer Arbeit nach, ein Pfarrer steht am Rand der Krippe. „Der geht auch seiner Arbeit nach. Die Frage ist: Wird er sich durch Weihnachten unterbrechen lassen?“, erläutert Rönsch. Martin Luther ist einer der Weisen. Zu seiner Gruppe gehören auch Mahatma Gandhi und der Südafrikaner Nelson Mandela.

„Jede Figur hat ihre Bedeutung. Den Blick dafür muss man erst einüben“, sagt Rönsch. Auf seine Anregung hin hätten die Helferinnen des Kindergottesdienstes vor neun Jahren mit der Krippe begonnen, sagt Hiemenz.

Inzwischen ist die studierte Architektin (49) die Hauptverantwortliche für die filigranen Figuren mit feinen Fingern. 400 Stunden habe sie im ausgehenden Jahr an der Krippe gearbeitet: „Das ist kein Hobby mehr, das ist Passion.“

Ihr Selbstporträt ist in der Gruppe der musizierenden Engel zu sehen. Die Figur spielt eine Gambe — ein Streichinstrument ähnlich einem Cello.

Über die Jahre ist die Krippe gewachsen — Fotos einer Ausstellung im Kirchenfoyer belegen es. „Wenn wir ein Landschaftsteil hinzugefügt haben, mussten wir umbauen“, sagt Hiemenz. Jetzt seien aber die räumlichen Möglichkeiten ausgeschöpft, sagt Rönsch: „Es gibt einige Krippen mit mehr als 2000 Figuren. Dann sieht man aber das Christuskind nicht mehr.“

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