Nigel Kennedy in der Tonhalle: Eroberer mit Geige und Fußball

Beifallsstürme wie im Stadion: Nigel Kennedy begeistert in der ausverkauften Tonhalle mit sportlichem Einsatz.

Düsseldorf. Nigel Kennedy - den muss man gesehen haben. Das mag sich so mancher gedacht haben, als er sich für den Konzertbesuch entschied. Ob man ihn auch gehört haben muss, kommt auf die musikalische Erwartungshaltung an. Freunde des Neuen, Ungewöhnlichen und Überraschenden hatten bei Kennedys Auftritt in der Tonhalle wohl ihr Vergnügen.

Wer Violinkonzerte von Mozart (Nr. 4 D-Dur) und Beethoven in einer geistig durchdrungenen, klanglich ausgefeilten und verinnerlichten Interpretation hören wollte, machte womöglich ein langes Gesicht.

Denn Kennedy steht für juvenilen Spaß an klassischer Musik und unzimperlichen Crossover. Damit erfreut er viele Menschen, und darin liegt sein pädagogisches Verdienst. Er ist ein geigender Eroberer von Publikumsherzen.

Wenn er im Anschluss an den offiziellen Teil des Konzerts einen Fußball in die Menge schießt (wobei nicht ganz klar wurde, ob dabei durch einen glücklichen Zufall oder Kennedys Schießsicherheit niemand verletzt wurde), entstehen Beifallsstürme wie im Sportstadion.

Doch wie spielt der britische Weltstar klassische Violinkonzerte? Die Antwort mag in Anbetracht des großen Jubels im Saal etwas sauertöpfisch erscheinen, doch muss gesagt werden, dass Kennedy eine musikalisch oberflächliche und technisch unausgeglichene Darbietung ablieferte.

Die Eile, in der er mit dem Bogen über die Saiten seiner wertvollen Guarneri-Violine wienerte, sein rhythmisches Aufstampfen und Anfeuern des Polish Chamber Orchestra, mit dem er sich derzeit als dirigierender Solist auf Tournee befindet, führte am Wesen der Konzerte Mozarts und Beethovens vorbei.

Verglichen mit Kennedys ernsteren Kollegen wie Frank Peter Zimmermann, Janine Jansen oder Lisa Batiashvili, die noch alle kürzlich in Düsseldorf gastierten, wirkt Kennedys Spiel fremdartig dominant und beseelt einzig von der eigenen Befindlichkeit.

Dazu passen die selbstgemachten Kadenzen, eine seifige Mischung aus Jazz und angelsächsischem Folk. Gewiss lullte das ein wenig ein und besaß doch Suggestionskraft, zumal Kennedy hier weit mehr zu Hause schien als in der Klassik. Gleichwohl: Jubel, Trubel, Heiterkeit.

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