Ein Platz für Erwin — der bizarre Streit

Stück an der Kö oder am Einkaufszentrum als Erinnerung an Düsseldorfer OB?

Ein Platz für Erwin — der bizarre Streit
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Düsseldorf. Was normalerweise eine Lappalie ist, erregt lokalpolitisch in der Landeshauptstadt derzeit so viel Aufregung wie nichts anderes: Die Benennung eines Platzes nach dem 2008 verstorbenen Ex-Oberbürgermeisters Joachim Erwin (CDU). Soll es ein kleines Stück am Kö-Bogen sein oder ein größerer Platz an den eher unwirtlichen Arkaden am Bilker Bahnhof? Diese an sich banale Frage hat sich zum stürmischen Streit hochgeschaukelt — und mitten drin ist der neue SPD-OB Thomas Geisel ins Schleudern geraten. Dabei hatte der, um den es geht, noch auf dem Sterbebett diese Bitte in sein Vermächtnis diktiert: „Streitet euch nicht um eine Straße oder eine Hausnummer für mich!“

Ein Platz für Erwin — der bizarre Streit
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Doch daraus wurde nichts. Die Debatte begann gleich nach Erwins Tod. Aber alle Vorschläge (wie die Flughafenbrücke) verliefen im Sande. Nicht zuletzt, weil Erwins Nachfolger und „Parteifreund“ Dirk Elbers stets abblockte. Am Donnerstag soll die Angelegenheit im Stadtrat nun endgültig entschieden werden — und alles deutet auf eine doppelte Kehrtwende Geisels hin, heißt: Erwin wird wohl doch am Kö-Bogen verewigt.

Die Geschichte ist aber nicht nur verworren, sondern auch ein Lehrstück über die Fallstricke der Kommunalpolitik, in denen sich der Neuling Geisel verheddert hat. Und das kam so: Im Wahlkampf gerierte er sich als Anhänger des dynamischen Machertypen Erwin. Vor allem, um sich abzuheben vom angeblich lahmen Aussitzer namens Dirk Elbers (CDU). Seht her, ich mache es wie der Erwin, ich gebe Gas, ich bewege was, hieß die Botschaft, die Geisel auch in einem Video herausposaunte.

Joachim Erwin, kurz vor seinem Tod im Jahr 2008

Das war der Punkt, als es Erwins Witwe Hille und Tochter Angela zu viel wurde. Sie verbaten sich eine allzu plumpe Instrumentalisierung ihres Mannes/Vaters. Als Geisel dann in der Stichwahl haushoch gegen Elbers gesiegt hatte, ging er gleich auf die Familie zu und versprach, flott einen Platz nach Erwin zu benennen. Auch und gerade weil die CDU das für ihren Ex-OB über sechs Jahre nicht hinbekommen hatte.

Man einigte sich auf einen Streifen im Kö-Bogen, zwischen dem Modehaus Breuninger und einem Büroartikel-Geschäft. Geisel versicherte, das werde er in der Politik durchsetzen. Er vergaß freilich, die Politik einzuweihen. Erst erntete er auch keinen Protest, obwohl Erwin zu Lebzeiten sehr umstritten war. Er hatte glühende Anhänger, aber auch erbitterte Gegner. Jetzt jedenfalls war die CDU vom Kö-Standort begeistert, die SPD hielt brav still. Doch dann brachte FDP-Fraktionschefin Marie-Agnes Strack-Zimmermann den nicht mal ernst gemeinten Vorschlag des Einkaufszentrums Bilker Arcaden ins Spiel. Die Grünen sprangen ebenso wie Teile der SPD prompt darauf an. Und weil diese drei Parteien gerade ein Ampelbündnis für den Rat schmieden, ließ sich Geisel beeindrucken. Er wackelte, schwenkte um und favorisierte plötzlich auch den Bilker Ersatz.

Was folgte, war klar: Die CDU und vor allem die Familie Erwin, die von Geisels Kehrtwende überrascht wurden, schäumten vor Wut, schrien Zeter, Wortbruch, Mordio und Verrat. Schließlich hatten nicht sie den Kö-Bogen vorgeschlagen oder gar verlangt, sondern Geisel. Das wiederum beeindruckte den Neu-OB so sehr, dass er nun offenbar erneut umschwenkt — zurück zum Kö-Bogen. Es sei denn, bis Donnerstag fällt jemandem noch ein weiterer Platz ein . . .

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