„Der doppelte Abijahrgang findet bei uns nicht statt“

Viele Firmen bieten zusätzliche Lehrstellen an. Doch nur wenige Abiturienten suchen überhaupt einen Platz.

Düsseldorf. 4031 junge Düsseldorfer machen in diesem Jahr ihr Abitur. Im Zuge der doppelten Abiturjahrgänge sind das 1766 mehr Jugendliche mit Hochschulreife als im Jahr 2012. Viele Unternehmen haben zusätzliche Ausbildungsplätze eingerichtet. Und nicht wenige davon sind noch nicht mit einem geeigneten Kandidaten besetzt. Denn es bewerben sich nicht so viele Abiturienten um einen Ausbildungsplatz wie gedacht.

Wie viele Lehrstellen noch zu haben sind, ist noch nicht klar. Erst Ende März gleichen IHK und Arbeitsagentur die Zahlen ab. Clemens Urbanek, bei der IHK als Geschäftsführer für Berufsbildung und Prüfungen zuständig, rechnet nicht mit einem nennenswerten Andrang auf die Ausbildungsplätze.

„In den anderen Bundesländern, die den doppelten Abiturjahrgang bereits bewältigt haben, hat sich gezeigt: Er findet auf dem Ausbildungsmarkt nicht statt.“

Eine Umfrage nennt auch die Gründe: Viele Abiturienten denken, es gäbe nicht genug Ausbildungsplätze und scheuen eine Bewerbung, andere wollen ins Ausland oder gehen direkt an die Universitäten. Nur 20 Prozent der Abiturienten und Fachabiturienten wollen eine Lehre machen. Ausbildungssuchende mit Real- oder Hauptschulabschluss müssen sich um die Konkurrenz also nicht sorgen.

Die Unternehmen hingegen müssen um die Abiturienten buhlen. In Drogerie- oder Supermarktfilialen hängen Werbeplakate, die die gute Ausbildung im Unternehmen anpreisen. Einige große Firmen machen gar Werbung im Radio. Natürlich nicht nur, um dem eigentlich erwarteten Andrang des doppelten Abiturjahrganges entgegen zu wirken.

„Die Firmen müssen sich gute Kräfte sichern. Das hängt auch mit der Demografie zusammen, geburtenstarke Jahrgänge gehen jetzt in Rente. In Zukunft wird es dünner“, sagt Urbanek. Dass Firmen jetzt für ihre Ausbildung werben, hält er vor diesem Hintergrund für längst überfällig: „In diesem Bereich kennen viele Unternehmen einfach kein Marketing. Sie werben nur für ihre Produkte. Dabei sind Schulpatenschaften und Werbung für die Ausbildung im Netz auch wichtig.“ Besonders Mittelständler würden häufig glauben, dafür keine Zeit zu haben.

Neben dem Breidenbacher Hof und der Targobank bietet unter anderem auch die Stadt zusätzliche Plätze an. 404 Ausbildungs- und Praktikumsmöglichkeiten sowie Freiwilligendienste (Vorjahr 351) sind zu besetzen.

Davon sind 115 Ausbildungsplätze mit Übernahmemöglichkeit, 46 Jugendliche werden über Bedarf ausgebildet. „Vor dem Hintergrund des doppelten Abiturientenjahrgangs hat die Stadt eine gesellschaftspolitischen Verantwortung, die sie gerne übernimmt“, heißt es aus dem Presseamt.

So wurden erstmalig die dualen Studiengänge Bachelor of Science (FH)-E-Government in Verbindung mit der Ausbildung Fachinformatiker und Bachelor of Arts (FH) Wirtschaft in Verbindung mit der Ausbildung Immobilienkaufmann sowie die Ausbildung zum Fachangestellten für Arbeitsmarktdienstleistung angeboten.

Das duale Studium ist ein Weg, den auch Henkel seit einigen Jahren geht, um sich bei Ausbildungssuchenden attraktiver zu machen: „Wir unterstützen unsere Mitarbeiter, die ein Studium absolvieren wollen, sowohl während der Ausbildung als auch neben dem Beruf“, sagt Henkel-Sprecherin Dorothee Geisel.

„Wir wollen damit signalisieren, dass wir eine gute Ausbildung anbieten und eine Weiterentwicklung ermöglichen. Denn wir haben ja auch ein Interesse daran, die guten Mitarbeiter zu halten.“ 117 Ausbildungsplätze vergibt das Traditionsunternehmen, einige sind noch frei.

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