Documenta 12: Bunt, chaotisch, lehrreich

Kunst: Am Samstag wird die Documenta 12 eröffnet. Sie verzichtet auf den sonst üblichen Starkult. 2800 Journalisten sind angereist. FOTOS von der DOCUMENTA

<strong>Kassel. Fragen an die Gegenwart könnten doch auch mit der Vergangenheit beantwortet werden, dachte sich Roger M. Buergel. Kunsthistorische Fakten wie die Tatsache, dass 1779 das Kasseler Fridericianum als weltweit erster Museumsbau eröffnet wurde laden dazu ein. Oder die "Migration der Formen". Sie sind nämlich, mehr noch als Menschen, seit je "gewandert". Das machen eine persische Zeichnung aus dem 14., indische Kalligrafien aus dem 17. oder ein iranischer Gartenteppich aus dem 19. Jahrhundert deutlich. Das hat die Kunst dem Menschen voraus: Sie kann aus- und einwandern ohne Pass. Das Neue dieser Documenta ist, dass Buergel, eine Mischung aus Aufklärungsapostel und autoritärem Ästhetik-Philosoph, bei weitem nicht nur die aktuelle Kunst (ein Gemälde von Gerhard Richter, "Betty", ist von 1977) zeigt. Er überlässt all die Stars und schillernden Namen wie Rauch oder Daniel Richter Verkaufsmessen wie der Art Basel. Von der so genannten Leipziger Schule ist überhaupt keiner vertreten. Dafür wimmelt es von - bis dato - Unbekannten aus Südamerika, Afrika und Asien, und es lohnt sich, sie kennen zu lernen.

Drei Fragen stellten sich die Documenta-Macher, und auch wir sollen sie uns stellen: Ist die Moderne unsere Antike? Was ist, zieht man die Ästhetik ab, das bloße Leben, und wie sollen wir in Anbetracht dessen handeln? Da klingt ganz deutlich ein Bildungsauftrag mit: Diese Documenta will lustvoll sein, uns aber auch anstrengen.

Im Fridericianum werden wir mit Krieg und Kalligrafie aus allen Nationen kunterbunt konfrontiert - oder ironisch, wenn Cosima von Bonin die Skulptur "Löwe im Bonsaiwald" zeigt. Oder, mit Anatoli Osmolovsky, hintersinnig bösartig: Seine "Hardware" sieht Kupferschmuckstücken ähnlich - aber auch Spielzeugpanzern.

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