Premierenfieber in Motown: Neues von der NAIAS

Detroit (dpa/tmn) - Die US-Autobauer kosten ihr Heimspiel in Detroit voll aus. Auf der North American International Auto Show (NAIAS) zeigen sie eine Menge Modellneuheiten. Viele davon wird es auch hierzulande zu kaufen geben, darunter Limousinen von Ford und Cadillac.

Der Himmel ist blau, vor der Cobo-Hall sieht man wieder Grünstreifen, und selbst die früher so maroden Häuser um das Messegelände sind zum Teil frisch gestrichen. „Detroit ist wieder da“, sagt Matt Weiss, US-Chef des Marktbeobachters Jato Dynamics. Nach Jahren der Krise und trotz der wirtschaftlichen Unsicherheit durch die Auswirkungen der Schuldenkrise in Europa feiern die amerikanischen Autobauer bei ihrem Heimspiel auf der North American International Autoshow in Detroit (NAIAS, Publikumstage: 14. bis 22. Januar) eine große PS-Party. In den vergangenen Jahren hatten Ford, Chrysler und General Motors (GM) selten derart viele Neuheiten auf der Bühne. Viele davon werden auch den Weg über den Atlantik finden.

Dazu zählt der neue Ford Fusion. Die knapp 4,90 Meter lange Limousine wird zum Flaggschiff im amerikanischen Ford-Programm und liefert die Basis für den nächsten Mondeo. Er kommt dem Hersteller zufolge Anfang 2013 in den Handel. Viel geändert wird bis dahin nicht mehr: Das neue, sehr viel dynamischere Design wird ebenso übernommen wie die Motorenpalette, darunter ein Hybrid- und ein Plug-in-Hybrid.

Den europäischen Markt hatte auch Cadillac bei der Entwicklung des ATS im Hinterkopf. Die Mittelklasselimousine wird das neue Einstiegsmodell der GM-Tochter und soll dem 3er BMW oder der Mercedes C-Klasse Käufer abspenstig machen. „Mit diesem Auto wollen wir in Europa wieder besser Fuß fassen“, sagte ein Cadillac-Manager. Deshalb gibt es neben großen Motoren mit 2,5 und 3,5 Litern Hubraum auch einen Vierzylinder-Turbo von Opel. Auch bei Buick steht ein Auto, das sich Messebesucher aus Übersee näher ansehen sollten: Aus dem kleinen Geländewagen wird in Europa der Opel Mokka, der im März auf dem Genfer Salon seinen Einstand gibt.

Ausschließlich für den US-Markt gedacht sind dagegen bei Chrysler der Dodge Dart auf Basis des Alfa Giulietta und die Chevrolet-Studien Code 130R und Tru 140S. Einmal sehr futuristisch und einmal im Retrodesign gehalten, will Chevrolet mit den beiden Konzeptautos die Marktchancen für ein vergleichsweise preisgünstiges Coupé ausloten. Reagiert das Messepublikum positiv auf die Studien, könnte eine davon in zwei Jahren für weniger als 20 000 Dollar in Serie gehen.

Was man bei den US-Herstellern kaum sieht, sind Geländewagen und Pick-up-Trucks. „Deren Zeit geht auch bei uns so langsam zu Ende“, sagt Jato-Manager Weiss und berichtet von strengen Spritsparvorgaben der US-Regierung. Allerdings hat sich das in der Bevölkerung offenbar noch nicht ganz herum gesprochen: Nach wie vor kaufen die Amerikaner mehr dicke Allradler als kleine Pkw.

Auf der Messe regiert jedoch die Vernunft - auch bei den ausländischen und besonders bei den deutschen Autobauern. Sie präsentieren in Detroit vor allem Hybridmodelle, die es teils mit ein paar Monaten Zeitversatz auch in Deutschland geben wird. Volkswagen zeigt den Jetta Hybrid mit 120 kW/177 PS und verspricht gegenüber konventionellen Motorisierungen einen Verbrauchsvorteil von bis zu 30 Prozent. Und bei Mercedes stehen zwei E-Klassen mit kombiniertem Antrieb: Für die US-Kunden gibt es einen Benzin-Hybrid und für Kunden in Europa den ersten Diesel-Hybrid aus deutscher Produktion. Dieser entwickelt eine Systemleistung von 170 kW/231 PS und soll sich mit 4,2 Liter begnügen (CO2-Ausstoß: 109 g/km).

Die Hybridversion des 3er, die BMW ausstellt, ist den Angaben nach zwar knapp 15 Prozent sparsamer sein als ein vergleichbarer 335i. Der Verbrauch fällt mit durchschnittlich 6,4 Litern (CO2-Ausstoß: 152 g/km) aber recht hoch aus. Das liegt daran, dass die Bayern ihren stärksten Sechszylinder-Benziner mit einem E-Motor mit 40 kW/54 PS koppeln. Mit einer Systemleistung von 250 kW/340 PS wird die Hybridversion vorerst zum kräftigsten Modell der Baureihe.

Trotz aller Spritsparbemühungen darf natürlich der Spaß nicht auf der Strecke bleiben: Porsche zeigt auf der Auto Show erstmals die Cabrio-Variante des 911, die für dieses Frühjahr angekündigt ist. Eine ähnliche Zielgruppe spricht Mercedes mit der sechsten Generation des SL an. Und weil SUVs in Amerika sehr gefragt sind, hat Audi eine Sportversion des Q3 nach Detroit gebracht, die 231 kW/314 PS leistet und als Schmankerl pfiffige Ausstattungsdetails für Wintersportler an Bord hat - etwa Skischuhwärmer und eine beheizte Thermoskanne. Deutlich größer als der Q3 fällt eine seriennahe Studie von Nissan aus, die einen Ausblick auf die neue Generation des Pathfinder gibt.

Wie der Geländewagen-Entwurf von Nissan haben auch die meisten anderen Studien auf der Messe gute Produktionschancen. Der E-Bugster von VW - ein Speedster auf Basis des Beetle - hat laut dem Designer Marc Lichte durchaus das Zeug zur Serie, allerdings ohne den Elektroantrieb. Die Designlinie des Lexus-Sportwagens LF-LC wird man nach Angaben des japanischen Herstellers in den nächsten zwei bis drei Jahren in verschiedenen Serienmodellen wiederfinden. Und was sich in Detroit noch als Sportwagenstudie mit Hybridantrieb im Rampenlicht des Honda-Stands dreht, wird bald zum Erben des NS-X.

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