Augenzeugen des Infernos: „Das waren schreckliche Bilder“

Momentaufnahmen nach dem Feuersturm: Wie Johannes Rau den Barmer Angriff im Mai 1943 erlebt hat.

Wuppertal. Der Barmer Angriff hat auch Johannes Rau Zeit seines Lebens beschäftigt. Herbert Pogts Sammelband „Bomben auf Wuppertal“ — 1993 im Born-Verlag erschienen — steuerte der spätere Bundespräsident bewegende Erinnerungen bei. Johannes Rau, Jahrgang 1931, wohnte 1943 an der Riescheider Straße am Nordpark und verbrachte die Nacht im Luftschutzkeller. „Alle Familien waren da. Ich erinnere mich an eine Frau — sie wohnte unter uns — , die kniend betete. Sie war katholisch. Wir alle beteten. Normalerweise gingen wir in den Zentralbunker Siedlungsstraße.“

Was Johannes Rau im Anschluss daran schreibt, deckt sich in seiner Intensität mit Vielem, was andere Augenzeugen immer wieder auch in Leserbriefen an die WZ fassen, sobald sich der Barmer Angriff jährt. „Bestimmte Erinnerungen bleiben. Ich weiß noch, dass wir als Kinder einen oder zwei Tage später in die Stadt gingen; es fuhr ja keine Straßenbahn. Oben auf der Sedanstraße lag auf der linken Seite der Konsum. Da sind wir hin, und da lagen Stapel von Leichen. Wenn ich heute die Sedanstraße hinauffahre, weiß ich: Hier links, da habe ich das gesehen. Das waren schreckliche Bilder. Zum Teil hatten die Körper keine menschliche Größe mehr. Man kann das wirklich nicht beschreiben.“

Und Johannes Rau erinnerte sich damals auch an die Fußspuren der Flüchtenden im Asphalt.

Johannes Rau, 1993 in seiner Erinnerung an den Barmer Angriff

Der Feuersturm, der durch das Tal gezogen war, ließ sich in jener Stunde nur noch erahnen. Von Brandbomben getroffene Häuser hatten sich innerhalb von Sekunden in Kamine verwandelt und die Menschen aus den Kellern auf die Straßen getrieben, um der Hitze zu entkommen. Die meisten Opfer sind erstickt oder verbrannt.

Zeitzeugen erinnern sich an Leichen, die in Zinkwannen abtransportiert wurden. „Unfassbar“, berichtete einmal ein WZ-Leser am Telefon. „Das waren Kinder aus der Nachbarschaft, mit denen wir noch am Abend vor dem Angriff gespielt hatten.“

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