Neue Massenproteste in Frankreich - Schule abgebrannt

Die Proteste in Frankreich gegen die Rentenreform weiten sich aus. Zehntausende gingen wieder auf die Straße. Hinzu kommen gewalttätige Krawalle. Für viele Franzosen und Urlauber bedeutet der Streik auch, dass sie ihr Auto nicht mehr volltanken können.

Paris (dpa). In Frankreich werden die tagelangen Proteste gegen die umstritteneRentenreform nach Ansicht von Ministerpräsident François Fillon zunehmendradikaler. Seine Regierung gab die Zahl der festgenommenen Jugendlichen seitBeginn der Protestwelle vor einer Woche mit über 1100 an.

Zwei Tage vor dererwarteten Abstimmung im Senat über die Rentenreform standen in Lyon und anderenOrten nach Jugend-Krawallen am Dienstag erneut Autos in Flammen. MehrerePolizisten und ein Fotograf wurden bei Auseinandersetzungen verletzt. Ein nacheinem Brand explodierender Motorroller verwundete in Paris eine 15-Jährige soschwer, dass sie ins Krankenhaus gebracht werden musste.

Eine Schule in der Stadt Le Mans brannte am Morgen ab - Bürgermeister vermutet Brandstiftung


In der Stadt LeMans brannte am Morgen eine Schule ab, die zuvor blockiert worden war. DerBürgermeister vermutete einen kriminellen Hintergrund, nachdem Ermittler Restevon Brandsätzen fanden. Unklar ist aber noch, ob das Feuer im Zusammenhang mitden Protesten stand. Die Regierung drohte Randalierern mit der vollen Härte desGesetzes.

Der Aktionstag war erneut von Streiks begleitet, die dieLuftfahrt, den Fern- und Nahverkehr sowie die Post, Schulen, Universitäten undviele Betriebe beeinträchtigten. Insbesondere im Schienen- und Flugverkehr gabes wieder Ausfälle und Verspätungen. Landesweit sollte rund ein Drittel allerFlüge gestrichen werden, auf dem Pariser Großflughafen Orly sogar 50 Prozent.Der Flughafen von Bordeaux war nach Gewerkschaftsangaben von mehr als 100Demonstranten vorübergehend blockiert worden.

In einem Drittel desLandes gebe es bereits Treibstoff-Engpässe, sagte Ministerpräsident Fillon vorBeginn einer Krisensitzung. Es werde auch nach dem Ende der Proteste mindestensvier bis fünf Tage dauern, bis der Normalzustand hergestellt sei. NachSchätzungen seiner Regierung waren am Dienstag mit knapp einer halben MillionDemonstranten weniger Menschen auf den Straßen als vor einer Woche. Die Zahlenklaffen jedoch weit auseinander: Allein in Marseille gaben die Gewerkschaftendie Zahl der Demonstranten mit 240 000 an, während die Behörden offizielllediglich 23 000 Menschen zählten.

Für die kommenden Tage sind weitere Beeinträchtigungen in Sicht

Für die nächsten Tage sind weitereBeeinträchtigungen in Sicht: Die Gewerkschaft CGT plant für Mittwoch einenlandesweiten Streik des Flughafenpersonals. Derweil sorgen sich Autofahrer -darunter viele Frankreich-Urlauber - um Benzinnachschub. Nach Schätzungen habengut 2500 Tankstellen kein Benzin mehr. In Toulouse und Marseille stapelt sichder Müll in den Straßen, weil sich auch die Müllfahrer am Streik beteiligen.

Der Protest richtete sich gegen die geplante Anhebung desRenteneintrittsalters. Hinzu kommt eine allgemeine Unzufriedenheit mit derRegierung von Präsident Nicolas Sarkozy.

Unterstützung erhielt Sarkozyvon Bundeskanzlerin Angela Merkel. „Ich glaube, die Bevölkerung in Deutschland,genauso wie in Frankreich, wird nicht darum herumkommen, der Wahrheit ins Augezu sehen. Und die Wahrheit heißt: Die Menschen leben länger“, sagte dieKanzlerin dem französischen Sender France 2. "Und wenn wir eine vernünftigeRente garantieren wollen, dann muss die Tatsache, dass wir länger leben, auchdazu führen, dass die Lebensarbeitszeit länger wird."

Merkel verwiesdabei auf Proteste gegen die Erhöhung des gesetzlichen Rentenalters inDeutschland von 65 auf 67 Jahre. Auch dabei habe es viel Widerstand gegeben, undviele Menschen verstünden es bis heute nicht. "Trotzdem muss jeder die Weichenfür die Zukunft stellen", sagte die Kanzlerin. "Wir in Deutschland führen dasauch stufenweise ein, genauso wie in Frankreich", sagte sie. "Aber es wäre ganzschlecht für die junge Generation, wenn wir jetzt einfach die Augen verschließenwürden vor der Realität und eines Tages unsere Kinder und Enkel mit den ganzenProblemen dasitzen."

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