Düsseldorf. NRW-Politik ringt um Schutz der Arbeitszeit

Düsseldorf. · Die NRW-Landesregierung will ein flexibleres Gesetz, die Opposition befürchtet eine Aushöhlung.

 Karl-Josef Laumann (CDU) will kürzere Ruhezeiten ermöglichen.

Karl-Josef Laumann (CDU) will kürzere Ruhezeiten ermöglichen.

Foto: dpa/Christophe Gateau

Im Plenum des NRW-Landtages sind am Freitag Welten aufeinander geprallt, als es in einer Aktuellen Stunde um die Arbeitszeit der Menschen im Land ging. Anlass war die Bundesratsinitiative der schwarz-gelben Landesregierung, die vom Bund ein flexibleres Gesetz fordert, um Anforderungen der modernen, digitalen Arbeitswelt gerecht zu werden. Die Opposition hingegen fürchtet, dass der Ausbeutung von Arbeitnehmern Tür und Tor geöffnet wird.

Arbeitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) betonte, das geltende Arbeitszeitgesetz sei ein Vierteljahrhundert alt. Es sei damals richtig gewesen und für viele Branchen noch immer richtig. Aber: „Die Arbeitswelt ist vielschichtiger geworden.“ Derzeit verstießen Menschen, die nachmittags ihre Kinder aus der Schule abholten und dafür spätabends noch ihre E-Mails checkten, schon gegen geltendes Recht, wenn sie morgens wieder im Büro säßen – denn das aktuelle Gesetz sieht eine elfstündige Ruhezeit vor. „Machen sie doch nicht die Augen zu!“, rief er der Opposition zu. Neben der Möglichkeit, die Ruhezeit zu verkürzen, sieht der Vorstoß der NRW-Regierung eine wöchentliche statt wie bisher eine werktägliche Höchstarbeitszeit vor.

„Der geltende rechtliche Rahmen ist flexibel genug“, hielt Josef Neumann von der SPD dagegen und erhielt Schützenhilfe von Mehrdad Mostofizadeh (Grüne): Auch jetzt schon sei es möglich, Arbeitszeit flexibel einzuteilen, aber: „In der jetzigen Konstruktion ist es der Arbeitnehmer, der darüber bestimmt – nicht der Arbeitgeber“, betonte er den Unterschied und warf Schwarz-Gelb vor, Probleme des Arbeitsmarktes zu verniedlichen. Eine Flexibilisierung der Arbeitszeiten führte in seinen Augen nicht nur dazu, dass Beschäftigte sich selbst Freiräume suchen könnten, sondern vor allem dazu, dass etwa Pflegekräfte bis spätabends arbeiten und aufgrund des Fachkräftemangels dann am nächsten Morgen früh wieder starten müssten – ohne ausreichende Ruhezeit.

Gewerkschaftsbund kritisiert die Pläne der Regierung scharf

Der tiefe Graben zwischen den Lagern wurde deutlich, als CDU-Mann Marco Schmitz erklärte, niemand habe die Absicht, den Schutz der Arbeitnehmer aufzuweichen, und aus den Reihen der Opposition ein Zwischenruf ertönte: „Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu bauen!“ Die FDP warf SPD und Grünen vor, in der Vergangenheit zu leben, die wiederum befürchten, die Landesregierung strebe zugunsten der Unternehmen ein „Sklavengesetz“ nach ungarischem Vorbild an.

Arbeitsminister Laumann allerdings erinnerte die SPD-Landtagsfraktion daran, dass eine Erprobung der Arbeitszeitöffnung im Koalitionsvertrag der großen Koalition stehe, die jetzige Bundesratsinitiative aus NRW bleibe deutlich hinter den darin enthaltenen Plänen zurück. Und: Das neue Gesetz solle eine Vereinbarung zwischen den Tarifpartnern zur Ausgestaltung der Arbeitszeit vorsehen – es sei somit eine Werbung für die Tarifbindung. Allerdings bezeichnete Grünen-Mann Mostofizadeh die Behauptung der CDU, man habe die Gewerkschaften bei den Plänen mit im Boot als „am Rande der Fake News“.

Tatsächlich erklärte Anja Weber, Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) in NRW, anlässlich der Landtagsdebatte, die Landesregierung stelle sich mit der Aufweichung der Arbeitszeitregelung „einseitig auf die Seite der Arbeitgeber“. Während sie mit „Rezepten von vorgestern um die Ecke kommt“, hätten die Gewerkschaften längst den Weg in die Zukunft eingeschlagen – etwa mit Tarifabschlüssen, die Wahlfreiheit zwischen Geld und Freizeit lassen oder freie Tage für Schichtarbeit und die Versorgung kleiner Kinder bieten.

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