Deutsche Waffen - Umstrittene Exportschlager

Deutsche Waffen sind im Ausland begehrt. Doch Minister Gabriel will einige Geschäfte mit Krisenländern verhindern.

In deutschen Werften gebaute U-Boote — hier eine feierliche Übergabe an die Bundesmarine — stehen auf den Einkaufslisten vieler Staaten.

In deutschen Werften gebaute U-Boote — hier eine feierliche Übergabe an die Bundesmarine — stehen auf den Einkaufslisten vieler Staaten.

Foto: Christian Charisius

Berlin. Sigmar Gabriel trägt einen Stapel Papiere unter dem Arm. Der SPD-Chef zieht ein Blatt heraus, das vor 14 Jahren maßgeblich Gerhard Schröder mitformuliert hat. Gabriel zitiert aus den strengen rot-grünen Richtlinien für Rüstungsexporte. Auch den aktuellen Koalitionsvertrag von Union und SPD hat er dabei. Denn der beruft sich bei Waffengeschäften ausdrücklich auf die rot-grünen Grundsätze. Erst kürzlich hat Gabriel ein Geschäft der Düsseldorfer Firma Rheinmetall mit Russland untersagt.

Nach ein paar Minuten wird klar, dass Gabriel Dienstag die Pressekonferenz nach dem Treffen mit rund 20 Betriebsräten großer Rüstungskonzerne nutzen will, um seinen Kritikern, die „nicht genug Textkenntnis“ hätten, eine kleine Nachhilfestunde zu geben. Wie dem wirtschaftspolitischen Sprecher der Unionsfraktion, Joachim Pfeiffer, der den Bundeswirtschaftsminister wegen seiner strikten Linie bei Waffengeschäften ins Ausland öffentlich zum nationalen Sicherheitsrisiko erklärt. So werde Berlins Bündnisfähigkeit und Verlässlichkeit infrage gestellt.

In der Union wittern einige angesichts der Irak-Krise ihre Chance, die Sozialdemokraten, die als Friedenspartei punkten wollen, zu entzaubern. Tatsächlich steckt Gabriel in der Klemme, weil er weniger Panzer und Kleinwaffen verkaufen will, als letzten Ausweg aber deutsche Waffenlieferungen an die Kurden, also in ein Krisengebiet, mittragen würde, um einen Völkermord an Jesiden und Christen zu verhindern.

Sigmar Gabriel (SPD), Wirtschaftsminister

Für Gabriel ist das kein Widerspruch, zumal in den Richtlinien Ausnahmen im Einzelfall erlaubt sind, wenn „besondere außen- oder sicherheitspolitische Interessen der Bundesrepublik Deutschland unter Berücksichtigung der Bündnisinteressen“ eine Rolle spielen. Wenn die Bundeswehr die Kurden oder den Irak mit panzerbrechenden Waffen gegen die IS-Terroristen aufrüsten würde, wäre das ohnehin ein Geschäft zwischen Regierungen — kein normaler Rüstungsdeal, der über den Tisch des Wirtschaftsministers geht.

Überhaupt hält der SPD-Chef das Wehklagen aus der Union für völlig übertrieben. Keine deutsche Rüstungsfirma sei vom Geschäft auf der arabischen Halbinsel abhängig. Wieder zitiert der Vizekanzler die Rüstungs-Leitlinien, die auch die Union unterschrieben hat: „Beschäftigungspolitische Gründe dürfen keine ausschlaggebende Rolle spielen.“ Gabriel will bei seiner harten Linie bleiben und fühlt sich von der Historie bestätigt. Gerade im Irak hätten Ost und West mit Waffenlieferungen über Jahrzehnte die „Büchse der Pandora“ aufgefüllt: „Die Büchse ist randvoll mit Waffen.“

Doch ganz so einfach dürfte Gabriel das Thema nicht loswerden. Die SPD-Spitze wird bei einer Klausur darüber diskutieren. In SPD-Parteikreisen wird kritisiert, Gabriel habe die Komplexität unterschätzt, im Ministerium stapelten sich immer mehr Exportanträge. Man müsse hier dringend eine konstante Linie finden, damit Unternehmen Planungssicherheit hätten.

Kanzlerin Angela Merkel bleibt wohlweislich in Deckung. Da im geheim tagenden Bundessicherheitsrat (Merkel und acht Minister) in der Regel schon eine Nein-Stimme etwa von Gabriel einen Export blockieren kann, sind CDU und CSU die Hände gebunden. Wie abgestimmt wird, darf niemand sagen, seit Mai wird im Zuge einer Transparenzoffensive nur mitgeteilt, was genehmigt wurde.

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