Zorn auf Deutschland : Punktsieg Puigdemonts: Spanien verzichtet auf Auslieferung
Madrid (dpa) - Bei der Jagd auf den katalanischen Separatistenchef Carles Puigdemont hat die spanische Justiz endgültig das Handtuch geworfen.
Ermittlungsrichter Pablo Llarena verzichtet auf eine Auslieferung des im Frühjahr in Deutschland festgenommenen Politikers, teilte das Oberste Gericht in Madrid mit. Der Grund: Das schleswig-holsteinische Oberlandesgericht hatte jüngst eine Auslieferung Puigdemonts nach Spanien wegen des Verdachts der Veruntreuung für zulässig erklärt, nicht jedoch wegen Rebellion, dem Hauptvorwurf der spanischen Justiz.
Punktsieg für Puigdemont also. Der Ex-Regionalpräsident, seit Herbst 2017 auf der Flucht, wird sich in Zukunft in Europa frei und ungestört bewegen dürfen. Mit der Entscheidung von Richter Llarena sei die Verfolgung europaweit zu Ende, erklärten die deutschen Anwälte von Puigdemont. Die Sprecherin der Generalstaatsanwaltschaft in Schleswig, Wiebke Hofelner, sagte, sobald die offizielle Mitteilung von der Rücknahme in Deutschland eintrifft, „wäre das Auslieferungsverfahren beendet“. Bisher liege der Rückzieher aus Madrid aber noch nicht vor.
Die deutschen Anwälte Puigdemonts betonten: „Wie wir bereits seit Beginn des Verfahrens gesagt haben: Politische Konflikte eines Staates müssen politisch ausgetragen werden, nicht mit den Mitteln des Strafrechts.“ Puigdemont, der sich zuletzt nach Angaben aus seinem Umfeld im Großraum Hamburg aufhielt, wird schon nächste Woche Deutschland verlassen. Der 55-Jährige werde nach Belgien zurückkehren, wurde Anwalt Paul Bekaert von der Nachrichtenagentur Belga zitiert. In Waterloo rund 15 Kilometer südlich von Brüssel hatte sich der Politiker vor seiner Festnahme niedergelassen.
Der Jubel im Separatisten-Lager war groß. Puigdemonts spanischer Anwalt Jaume Alonso-Cuevillas postete auf Twitter: „Es sieht so aus, als ob wir einen vortrefflichen Sommer vor uns haben.“ Puigdemont selbst nutzte die Gelegenheit, um in sozialen Netzwerken die Freilassung seiner in Spanien in Untersuchungshaft sitzenden Ex-Mitarbeiter zu fordern. Die Rücknahme der Haftbefehle sei „der Beweis für die immense Schwäche des Justizverfahrens“, schrieb er.
Der Triumph von Puigdemont ist aber nicht komplett, weil er nicht nach Spanien zurückkehren kann. Er würde dort sofort hinter Gitter kommen, denn der nationale Haftbefehl wurde aufrechterhalten. Das gilt auch für Puigdemonts frühere Minister Antoni Comin, Lluis Puig, Meritxell Serret, Clara Ponsatí und Marta Rovira, die alle ebenfalls ins Ausland ins Exil gingen und daheim der Rebellion beschuldigt werden. Auch bei ihnen werden nun nur die europäischen Haftbefehle zurückgezogen.