Nato tötet wegen „Freudenfeuers“ 13 Rebellen

Adschdabija/Brüssel (dpa) - Nato-Flugzeuge haben bei Angriffen in Libyen in der Nacht zum Samstag irrtümlich erstmals auch Milizen der Regimegegner angegriffen.

13 Aufständische seien bei dem Bombardement zwischen Adschdabija und Al-Brega getötet worden, berichtete ein dpa-Korrespondent in Adschdabija unter Berufung auf Krankenhausärzte und Rebellen. Einer der Ärzte habe zudem elf Verletzte des Angriffs behandelt, wie er sagte. Die Regimegegner stießen indes am Samstag auf Al-Brega vor, wo sie die Truppen von Diktator Muammar al-Gaddafi auf dem Gelände der örtlichen Universität einkesselten, berichteten Anti-Gaddafi-Milizionäre in Adschdabija.

Der Angriff auf den Fahrzeug-Konvoi der Rebellen in der Nacht zuvor wurde offenbar dadurch ausgelöst, dass unerfahrene Freiwilligen-Milizionäre aus Freude über das hörbare Nahen von Nato-Flugzeugen mit Flugabwehrkanonen in den Himmel geschossen hatten, erzählten Rebellen dem dpa-Korrespondenten. Die Piloten des Nato-Geschwaders hatten keine Möglichkeit, dieses „Freudenfeuer“ als „nicht feindlich“ einzustufen. Ihren Einsatzregeln folgend, feuerten sie Luft-Boden-Raketen auf die aktive Geschützstellung ab.

Die Nato wollte die Berichte über diesen Angriff zunächst überprüfen, sagte Nato-Sprecherin Oana Lungescu am Samstag auf Anfrage in Brüssel. „Wir sind über Berichte über zivile Verluste immer sehr betroffen.“ Dabei betonte die Sprecherin des Bündnisses, dass die Nato bei ihrem Einsatz das Ziel habe, die Zivilbevölkerung und zivile Wohngebiete vor Gewalt zu schützen.

Nach weitläufiger Ansicht ist die Zivilbevölkerung nicht durch die Regimegegner, sondern durch die Gaddafi-Truppen bedroht. Die Freiwilligen-Verbände der Gaddafi-Gegner gelten wiederum als militärisch höchst unerfahren und schlecht organisiert. Bei Adschdabija schossen sie in der Nacht zum Samstag auf einen eigenen Ambulanzwagen, weil dessen Fahrer es verabsäumt hatte, seine Fahrt mit den Kontrollpunkt-Besatzungen zu koordinieren.

Nach heftigen Kämpfen eroberten die Aufständischen am Samstag nach eigenen Angaben den Großteil von Al-Brega, 80 Kilometer westlich von Adschdabija, zurück. Gaddafi-treue Truppen hätten sich auf dem Gelände der Universität verschanzt, sagten Rebellen in Adschdabija. Al-Brega war in den vergangenen Tagen stark umkämpft gewesen. Die Stadt hatte mehrfach den Besitzer gewechselt.

Umkämpft blieb am Samstag die Großstadt Misurata, 210 Kilometer östlich von Tripolis. Die Regimegegner sind dort schon mehrere Wochen von Gaddafi-Truppen eingeschlossen. Dutzende Zivilisten wurden getötet. Die Versorgungslage wird von den Bewohnern in Audio-Botschaften als dramatisch beschrieben. Ähnlich belagert von Gaddafi-Truppen wird Al-Sintan, 120 Kilometer südwestlich von Tripolis.

Nato-Flugzeuge bombardierten in der Nacht zum Samstag auch die Städte Al-Choms, 120 Kilometer östlich von Tripolis, und Ruhaibat, 180 Kilometer südwestlich von Tripolis, berichtete das staatliche libysche Fernsehen. Dabei seien „militärische und zivile Gebiete“ getroffen worden, hieß es in dem Fernsehbericht.

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