Merkel fordert Aufklärung der US-Spähaffäre

Berlin (dpa) - Nach dem Lauschangriff auf ihr Handy hat die amtierende Kanzlerin Angela Merkel (CDU) in der Spähaffäre Aufklärung von den USA verlangt.

„Die Vorwürfe sind gravierend. Sie müssen aufgeklärt werden. Und wichtiger noch: Für die Zukunft muss neues Vertrauen aufgebaut werden“, sagte Merkel am Montag in einer Regierungserklärung im Bundestag. Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) warf den US-Behörden eine irritierende Informationspolitik vor. Beide betonten aber, die Amerikaner seien weiter Partner von überragender Bedeutung. Linke und Grüne beklagten ein „Duckmäusertum“ der Regierung gegenüber den USA und forderten, den Enthüller der Ausspähung, Edward Snowden, nach Deutschland zu holen.

Das Parlament debattierte in einer Sondersitzung über Konsequenzen aus den Spähaktionen der Amerikaner. Snowden hatte massenhaft geheime Dokumente der NSA an die Öffentlichkeit gebracht und die Affäre damit ins Rollen gebracht. Vor wenigen Wochen war bekanntgeworden, dass die NSA wohl jahrelang auch das Handy von Merkel abgehört hat.

Im Parlament äußerte sich die Regierungschefin nicht direkt zu der Abhörattacke auf ihr Telefon. Sie sagte aber, das transatlantische Verhältnis werde durch die Vorwürfe „auf eine Probe gestellt“.

Friedrich mahnte: „Die Amerikaner müssen aufklären, sie dürfen sich nicht in Widersprüche verstricken.“ Die USA hätten bislang nicht genügend Informationen geliefert. Nun müsse das gestörte Vertrauen durch mehr Offenheit auf US-Seite wiederhergestellt werden.

Deutsche Geheimdienstler und Regierungsvertreter verhandeln derzeit mit den USA über ein Anti-Spionage-Abkommen. Der Nutzen einer solchen Vereinbarung ist umstritten. Fraglich ist, wie weit die Zusagen gehen werden und ob sich die Amerikaner daran halten.

SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier mahnte, die deutsche Seite dürfe sich nicht mit unverbindlichen Absprachen abspeisen lassen: „Wir brauchen belastbare, überprüfbare Vereinbarungen.“

Linke und Grüne attackierten die amtierende Regierung scharf. Linksfraktionschef Gregor Gysi warf Friedrich und Kanzleramtsminister Ronald Pofalla (CDU) vor, sie hätten sich von den USA „einlullen lassen“, als sie die Affäre für beendet erklärten. Gysi sprach von „Duckmäusertum“ und forderte mehr Mumm: „Deutschland ist erst dann souverän, wenn es Herrn Snowden anhört, schützt, ihm Asyl gewährt und seinen sicheren Aufenthalt organisiert.“

Auch die Grünen verlangten Schutz für Snowden. Der Grünen-Abgeordnete Hans-Christian Ströbele, der Snowden selbst Ende Oktober in Moskau getroffen hatte, warb vehement für eine Aufnahme des „Whistleblowers“ in Deutschland. An die Adresse von Friedrich sagte er: „Sie machen überhaupt nichts, sondern sind devot in einem Maße, das einem deutschen Bundesinnenminister nicht würdig ist.“

Die USA suchen Snowden wegen Geheimnisverrats. Bis zum Sommer gewährt ihm Russland Asyl. Linke und Grüne fordern einen Untersuchungsausschuss, um der Geheimdienst-Überwachung auf den Grund zu gehen. Sie wollen Snowden dazu als Zeugen nach Deutschland holen. Die amtierende Regierung lehnt eine Aussage des Ex-Geheimdienstmitarbeiters auf deutschem Boden aber ab.

Union und SPD hatten die Option eines Untersuchungsausschusses zuletzt nicht ausgeschlossen. Sie stehen der Idee aber zurückhaltender gegenüber. Steinmeier warnte vor einer stetigen Enttäuschung in einem solchen Gremien, wenn der Ausschuss etwa Zeugen aus den USA nicht hören könne oder Dokumente nicht erhalte.

Der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar verlangte eine bessere Kontrolle der Nachrichtendienste in Deutschland. Bislang gebe es hier „gravierende Defizite“ und „erhebliche kontrollfreie Räume“, warnte er. Friedrich wies diese Kritik zurück.

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