Weltklimakonferenz in Bali: Kritische Stimmen mehren sich

Umweltorganisationen und Klimarat warnen vor schleppenden Verhandlungen. Jetzt soll eine Kommission von 40 Ministern gebildet werden.

Nusa Dua. Internationale Umweltorganisationen haben einen ihrer Ansicht nach zu schleppenden Verlauf der Verhandlungen bei der Weltklimakonferenz auf Bali kritisiert. Zum Auftakt der Ministerrunde appellierten sie am Mittwoch an die rund 150 Chefdelegierten, sich intensiver um Lösungen zu bemühen. Zuvor waren Gespräche auf Beamtenebene über Regelungen zur Weitergabe von klimafreundlicher Technologie aus Industrieländern an Entwicklungsländer ohne Ergebnis geblieben. Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) sagte, es sei zu früh, jetzt schon den Verhandlungsstand zu beurteilen, da die Verhandlungen auf der entscheidenden Ministerebene erst begonnen hätten. Er gehe davon aus, dass Bali ein „Erfolg“ werden.

Der Klimaexperte der Umweltorganisation WWF, Stephan Singer, kritisierte insbesondere die EU, die bisher hinter ihrer angekündigten Vorreiterrolle zurückgeblieben sei. Er forderte sie auf, auf der Konferenz deutlicher eine Führungsrolle zu übernehmen. Bei dem Streitpunkt des Technologietransfers müssten auch die EU- Regierungen zu höheren finanziellen Zusagen bereit sein, sonst seien die ärmeren Länder nicht für die angestrebte gemeinsame Lösung zu gewinnen. Auch ein Ziel für die Reduzierung von Treibhausgasen müsse in Bali vorgegeben werden. „Das ist essenziell, wenn wir die Ergebnisse der Wissenschaftler und des Weltklimarats ernst nehmen. Der Chef des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP), Achim Steiner, hat bei der Weltklimakonferenz auf Bali vor einem Minimalkonsens gewarnt. „Ein kleinster gemeinsamer Nenner kann keine Lösung sein“, sagte der Spitzendiplomat . „Es wird immer eine Messlatte bleiben, ob die Ziele und Vereinbarungen hier am Ende den Empfehlungen des Weltklimarats entsprechen. Wenn sie das nicht tun, haben die Länder es nicht geschafft, ihre Verantwortung wahrzunehmen.“

Der Weltklimarat hält katastrophale Folgen des Klimawandels nur für abwendbar, wenn die Industrieländer ihre Treibhausgase bis 2020 um 25 bis 40 Prozent senken. Die USA kämpfen aber dagegen, diese Zahlen als Zielvergabe in das Verhandlungsmandat für einen neuen Weltklimaschutzvertrag aufzunehmen. Sie wollen ein möglichst allgemein formuliertes Mandat, um Ergebnisse nicht vorwegzunehmen, wie die Delegationsleiterin Paula Dobriansky am Mittwoch erneut betonte. „Die Ziele dürfen nicht relativiert werden“, sagte Steiner. „Die hat der Weltklimarat festgelegt und daran sollte keiner versuchen vorbeizugehen.“

Er betonte, dass es andererseits ohne die USA keine Lösung für die globale Erwärmung gebe. Mit der Rückkehr der USA, die das Kyotoprotokoll als einzige große Industrienation nicht ratifiziert haben, habe die Regierung in Washington letztlich auch anerkannt, „dass es einen eigenen Weg nicht gibt“. Steiner stellte Deutschland mit seinem ehrgeizigen Ziel, den Treibhausgasausstoß bis 2020 um bis zu 40 Prozent zu reduzieren, als leuchtendes Beispiel dar. „Das ist ein Pfand, das auf der Waage wirklich etwas bringt“, sagte Steiner. „Das zeigt den Entwicklungsländern: die Industrieländer nehmen ihre eigene Verantwortung ernst.“ Die Industrieländer müssten hier „mit konkreten Vorleistungen nach dem Verursacherprinzip auch die Führungsrolle übernehmen.“
Um den Verhandlungsablauf auf Bali effektiver zu gestalten, soll auf Vorschlag der indonesischen Gastgeber eine Kommission von 40 Ministern gebildet werden. Wie Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) am Mittwoch in Nusa Dua mitteilte, wird auch er dieser informellen Verhandlungsgruppe angehören. Insgesamt wurden demnach fünf Vertreter der EU nominiert. Dies sind die EU-Kommission, Portugal, Deutschland und Slowenien für die amtierende, gewesene und künftige EU-Präsidentschaft und dazu Dänemark als Gastgeber der UN-Klimakonferenz 2009 in Kopenhagen. Dort soll nach der bisherigen Planung das angestrebte Nachfolgeabkommen zum Kyoto-Protokoll unterzeichnet werden. Auf Bali sind Delegationen aus mehr als 180 Staaten vertreten.

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