Sabotageverdacht Viertes Leck in Nord-Stream-Pipeline entdeckt

An den Nord-Stream-Gaspipelines zwischen Russland und Deutschland ist in der Ostsee ein viertes Leck entdeckt worden. Ein Sicherheitsexperte vermutet Russland hinter dem mutmaßlichen Sabotageakt.

 Ein Nord Stream 1-Gasleck in der Ostsee, fotografiert aus einem Flugzeug der schwedischen Küstenwache.

Ein Nord Stream 1-Gasleck in der Ostsee, fotografiert aus einem Flugzeug der schwedischen Küstenwache.

Foto: dpa/-

An den Nord-Stream-Gaspipelines zwischen Russland und Deutschland ist in der Ostsee ein viertes Leck entdeckt worden. „Es gibt zwei Lecks auf schwedischem Gebiet und zwei auf dänischem“, erklärte ein Verantwortlicher der schwedischen Küstenwache gegenüber der Nachrichtenagentur AFP - die beiden Lecks auf schwedischem Gebiet lägen „nahe beieinander“.

Aus den Pipelines Nord Stream 1 und 2 waren zuvor bereits an einer Stelle in der schwedischen Wirtschaftszone und an zwei in der dänischen Lecks festgestellt worden.

Der Sicherheitsexperte Johannes Peters hält es für „relativ unwahrscheinlich“, dass die Schäden an den Ostsee-Pipelines Nord Stream 1 und 2 durch einen Unfall entstanden sein könnten. Vielmehr vermute er Russland hinter dem mutmaßlichen Sabotageakt. „Das wirkt vordergründig natürlich etwas widersinnig, die eigenen Pipelines zu zerstören“, sagte der Experte vom Institut für Sicherheitspolitik der Universität Kiel am Donnerstag im ARD-„Morgenmagazin“. Es gebe aber durchaus gute Gründe dafür.

Ein Grund sei sicherlich, ein „starkes Signal“ an Europa zu senden, vor allem an Deutschland und Polen, dass man dasselbe auch mit Pipelines machen könnte, die für unsere Versorgungssicherheit deutlich wichtiger seien, etwa die Pipelines aus Norwegen: „Also seid euch mal nicht so sicher, dass ihr für den Winter gut aufgestellt seid und dass ihr in der Lage seid, unser Gas zu kompensieren.“

Ein weiterer möglicher Grund für einen möglichen russischen Sabotageakt sei, dass man im Winter „die noch intakte Nordstream-2-Röhre dazu nutzen kann, um Druck auf Deutschland zu erhöhen, wenn beispielsweise der innenpolitische Druck auf die Regierung wachsen sollte, weil die Gaspreise hoch sind, weil wir vielleicht doch nicht genügend Gas haben für den Winter.“ Dann könnte Russland anbieten, durch die intakte Leitung doch noch Gas zu liefern. Dafür müsste Deutschland aber „aus dem westlichen Sanktionsregime ausscheren.“

Die ebenfalls verbreitete These, dass die USA die Lecks verursacht haben könnten, „um zu verhindern, dass Europa in einem kalten Winter doch zu den Russen zurückfindet“, hält Peters indes für nahezu ausgeschlossen.

In der Nacht zum Montag war zunächst in einer der beiden Röhren der nicht genutzten Pipeline Nord Stream 2 ein starker Druckabfall festgestellt worden. Später meldete der Nord-Stream-1-Betreiber einen Druckabfall auch in diesen beiden Röhren. Dänische Behörden entdeckten schließlich insgesamt drei Lecks an den beiden Pipelines.

Mehrere Länder brachten bereits am Dienstag einen Anschlag auf die europäische Gasinfrastruktur als Ursache für die als beispiellos geltenden Schäden ins Spiel. Die EU und die Nato gehen von Sabotage aus. US-Außenamtssprecher Ned Price sagte, die US-Regierung wolle keine Mutmaßungen über mögliche Hintermänner einer Sabotage-Aktion anstellen, bis Untersuchungen an den Erdgasleitungen abgeschlossen seien. Der Kreml hatte am Mittwoch Spekulationen über eine russische Beteiligung an der Beschädigung der Pipelines als „dumm und absurd“ zurückgewiesen.

(AFP/dpa)
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