CDU-Chef sorgt für Wirbel Merz wirft Ukrainern „Sozialtourismus“ vor - und entschuldigt sich nach heftiger Kritik

CDU-Chef Friedrich Merz hat einen „Sozialtourismus“ von ukrainischen Flüchtlingen nach Deutschland beklagt. Und ist nach scharfer Kritik zurückgerudert.

Friedrich Merz (CDU), CDU-Bundesvorsitzender und Unionsfraktionsvorsitzender.

Friedrich Merz (CDU), CDU-Bundesvorsitzender und Unionsfraktionsvorsitzender.

Foto: dpa/Kay Nietfeld

CDU-Chef Friedrich Merz hat einen „Sozialtourismus“ von ukrainischen Flüchtlingen nach Deutschland beklagt. Er sagte Bild TV in einem am Montagabend gesendeten Interview: „Wir erleben mittlerweile einen Sozialtourismus dieser Flüchtlinge: nach Deutschland, zurück in die Ukraine, nach Deutschland, zurück in die Ukraine.“ Der Hintergrund laut Merz: Anfangs hatten Ukraine-Flüchtlinge Anspruch auf Versorgung nach dem Asylbewerberleistungsgesetz - seit Juni erhalten sie Grundsicherung, also die gleichen Leistungen wie etwa Hartz-IV-Empfänger.

Noch größere Probleme erwartet Merz nach eigenen Worten mit Flüchtlingen aus Russland, „wenn die Bundesregierung das täte, was die Bundesinnenministerin vorgeschlagen hat, nämlich hier jetzt praktisch allen Verweigerern des Kriegsdienstes, der Mobilisierung in Russland Zugang zur Bundesrepublik Deutschland zu verschaffen“. Die Union sei „strikt dagegen“.

Einen Tag später ruderte der CDU-Chef etwas zurück: „Ich bedaure die Verwendung des Wortes 'Sozialtourismus', schrieb Merz am Dienstag im Kurzbotschaftendienst Twitter. “Das war eine unzutreffende Beschreibung eines in Einzelfällen zu beobachtenden Problems“.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hatte der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ gesagt, von schweren Repressionen bedrohte Deserteure erhielten im Regelfall internationalen Schutz in Deutschland. „Wer sich dem Regime von Präsident Wladimir Putin mutig entgegenstellt und deshalb in größte Gefahr begibt, kann in Deutschland wegen politischer Verfolgung Asyl beantragen.“ Die Erteilung von Asyl sei jedoch eine Einzelfallentscheidung, in deren Rahmen auch eine Sicherheitsüberprüfung erfolge.

Die Bundesinnenministerin kritisierte CDU-Chef Friedrich Merz: „Stimmungsmache auf dem Rücken ukrainischer Frauen und Kinder, die vor Putins Bomben und Panzern geflohen sind, ist schäbig“, schrieb Faeser am Dienstagmorgen im Kurzbotschaftendienst Twitter. „Sozialtourismus“ sei 2013 „Unwort des Jahres“ gewesen. Es sei „auch 2022 jedes Demokraten unwürdig“.

Grünen-Vorsitzende Ricarda Lang kritisierte den CDU-Chef per Twitter: „Wie passt es eigentlich mit der viel beschworenen Solidarität der Union mit der Ukraine zusammen, dass Friedrich Merz im Kontext von Menschen, die vor diesem furchtbaren Angriffskrieg fliehen, von „Sozialtourismus“ spricht?“.

Die Bundesvorsitzende der Jusos zeigte sich entsetzt: „Billige Profilierung ohne moralischen Kompass - das habe ich mal mit einer Partei verbunden, die rechts neben der Union sitzt“, schrieb sie beim Kurznachrichtendienst. „Eklig und unanständig“, seien die Äußerungen.

(dpa/red)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort