Bonn Fall Niklas: Verdächtiger war als Gewalttäter polizeibekannt

Bei den Ermittlungen im Zusammenhang mit dem Tod des 17-jährigen Niklas P. in Bad Godesberg fehlen der Polizei verwertbare Spuren. Der Hauptverdächtige streitet alles ab.

Menschen gedenken am Tatort Niklas P.

Menschen gedenken am Tatort Niklas P.

Foto: Marius Becker

Bonn. Im Fall des 17-jährigen Niklas P., der eine Woche nach einer Prügelattacke in Bad Godesberg an seinen Verletzungen starb, stehen Polizei und Staatsanwaltschaft unter erheblichem öffentlichen Druck: Oberstaatsanwalt Robin Faßbender gab am Mittwochnachmittag Details zur Person eines festgenommenen Hauptbeschuldigten bekannt. Es handele sich um einen 20-jährigen italienischen Staatsbürger, der offenbar bereits länger in Bonn lebe. Dazu gebe es bei dem Beschuldigten weitere Migrationshintergründe. Dass Faßbender diese Angaben gestern zu einem Zeitpunkt machte, als gegen den Beschuldigten noch kein Haftbefehl vorlag, ist ungewöhnlich.

Seit Niklas P. in der vergangenen Woche seinen Verletzungen erlag, versuchen rechte Gruppen den Tod des 17-Jährigen für sich zu instrumentalisieren. Polizei und Staatsanwaltschaft zeigen ihrerseits sichtbares Bemühen, mit 16-Stunden-Schichten und größtmöglicher Transparenz den Fall schnell aufzuklären. „Das sind wir Niklas und seinen Eltern auch schuldig“, so Franz Wirges, Leiter der Mordkommission.

Bonn: Trauer um Niklas P.
13 Bilder

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Die Ermittlungen gestalten sich jedoch offenbar schwierig: Es gebe keine der sonst üblichen Spuren, so die Ermittler. Der festgenommene Hauptverdächtige, gegen den am Nachmittag schließlich Haftbefehl erlassen würde, bestreite jede Tatbeteiligung.

Die Staatsanwaltschaft beruft sich bei ihrer Beschuldigung auf einen Zeugen. Zudem habe der 20-Jährige sich in Widersprüche bei seinen Angaben verstrickt, wo er zu Tatzeit angeblich gewesen sein wolle. Nach Darstellung der Staatsanwaltschaft soll der Beschuldigte Niklas P. mit einem einzigen Schlag gegen die Schläfe bewusstlos geschlagen haben. Er habe sich dann zunächst entfernt, sei aber noch einmal zurückgekehrt und haben den bewusstlos am Boden liegenden Niklas dann „mit voller Wucht“ gegen den Kopf getreten.

Zwei weitere Verdächtige, die ebenfalls am Dienstag festgenommen worden waren, sind inzwischen wieder auf freiem Fuß; sie seien wohl nicht beteiligt. Ein weiterer Beteiligter, nachdem unverändert gefahndet wird, soll eine Freundin von Niklas P. „im unteren Gewaltbereich“ während der Auseinandersetzung misshandelt haben; es handelte es wohl um einen Schlag mit der flachen Hand ins Gesicht der Geschädigten.

Niklas P. wurde nach den bisherigen Ermittlungsergebnissen zufällig das Opfer des 20-jährigen Beschuldigten und mindestens zwei weiterer Mittäter. Der 17-Jährige befand sich am 7. Mai mit seiner Schwester, einer Freundin und einem Freund auf dem Nachhauseweg von der Veranstaltung „Rhein in Flammen“, als er in Bad Godesberg auf die mutmaßlichen Täter traf. Er soll nach einer verbalen Provokation zunächst auf einen der Täter zugegangen sein. Danach habe der Haupttäter erst zugeschlagen und dann später noch einmal zugetreten.

Mehr als diese beiden allerdings extrem schweren Gewalteinwirkungen hat es nach den bisherigen Erkenntnissen nicht gegeben. Ein Notarzt hatte noch am Ort des Geschehens versucht, den 17-jährigen zu reanimieren. Niklas P. starb an den Folgen seiner Verletzungen am 13. Mai auf einer Intensivstation der Uni-Klinik Bonn. Am Samstag dieser Woche soll er beigesetzt werden.

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