„Tatort Präsidium“: Lesung und Leiche bei der Polizei

An der Friedrich-Engels-Allee wurde ein fiktiver Krimi neben echten Ermittlungsmethoden serviert.

Elberfeld. Es ist stockfinster. Musik spielt. Plötzlich fällt ein Schuss. Eine Gestalt trägt etwas durch die Dunkelheit, legt es ab und verschwindet. Eine Polizeistreife findet den leblosen Körper, ruft Verstärkung und informiert die Einsatzstelle. Dann meldet sich eine Stimme im Saal 300 des Polizeipräsidiums: „Jetzt machen wir einen kleinen Zeitsprung und bei der Spurensicherung weiter“, erklärt der Moderator knapp. Denn der Mord im Präsidium ist nur gestellt, die Leiche ist eine Schaufensterpuppe.

Echt sind dagegen die Beamten der Spurensicherung, die jetzt auf der Bühne das Sagen haben. Sie erklären den Besuchern im Präsidium an diesem Abend mittels einer falschen Leiche, wie ihre Arbeit an einem echten Tatort aussieht. Das alles passiert unter dem Motto „Tatort Präsidium im Rahmen einer Lesung von Gisa Klönne (siehe Kasten), die auf Lesereise auch einen Halt in Wuppertal macht.

„Nichts als Erlösung“ heißt ihr fünfter Krimi, der in Köln und Griechenland spielt. Zwei Stunden lang liest die Autorin aus der Perspektive des Mörders und der ermittelnden Beamten. Und wenn die Polizei schon im Krimi vorkommt, dann will sie auch zeigen, wie die Tatort-Arbeit denn in echt aussieht.

Wolfgang Aubry, Kriminalhauptkommissar, über die mühsame Suche nach Faserspuren.

Die „Leiche“ liegt unberührt an Ort und Stelle. Die Beamten haben den Tatort abgesperrt. Schon kommen die Kollegen von der Spurensicherung — im weißen Ganzkörperanzug mit Handschuhen, Mundschutz und Schuhüberziehern, um den Tatort nicht zu beschmutzen und eventuelle Spuren des Täters nicht mit eigenen Haaren, Fasern, Fusseln oder Stäubchen zu verunreinigen. Jedes Detail wird dokumentiert, jede Spur mit einem Maßstab fotografiert und die Spuren durchnummeriert.

Was in einschlägigen amerikanischen TV-Serien durch dramatische Bildschnitte und hämmernde Musik zum Action-Reißer hochgepusht wird, erweist sich in der deutschen Kriminaltechniker-Realität also als haarkleine, Geduld erfordernde Detail-Arbeit. Am aufwändigsten erscheint aus Sicht des Zuschauers die Suche nach Faserspuren.

Am gesamten Körper der Leiche wird Klebefolie aufgeklebt, abgenommen, gekennzeichnet und übertragen, um eventuelle Fusselchen zu sichern. „Auf einem Körper können so bis zu 150 Folien geklebt werden. Wir suchen alles ab“, sagt Kriminalhauptkommissar Wolfgang Aubry, bevor er sich Fußabdrücken widmet. Auch diese werden auf Folie übertragen. Natürlich wird auch die neben der Leiche gefundene Tatwaffe sichergestellt — nach der Entnahme der Patronen, zur eigenen Sicherheit der Ermittler.

Es ist etwa 22 Uhr, als sowohl die echten Ermittler als auch die Krimi-Autorin fertig sind und sich den Fragen des Publikums stellen. Die Zuschauer wollen etwa wissen, ob sowohl die Beamten als auch Klönne ihre Arbeit zu Hause einfach abschütteln können. „Manchmal ja, manchmal nein“, kommt es etwas ungenau zurück. Doch wirklich ungeklärt bleibt beim Publikum an Ende des Abends nur eine einzige Frage: Wer hat die Schaufensterpuppe ermordet?

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