Botschaft zum Fest: Die Zeit einfach mal aushalten

Superintendentin Ilka Federschmidt und Stadtdechant Bruno Kurth wünschen allen Lesern der WZ-Nachrichten ein gesegnetes Weihnachtsfest!

Vor den Weihnachtstagen kommt eine gewisse Erschöpfung. Alle Jahre wieder: Besorgungen noch im Eilschritt; es soll besonders werden an den Festtagen, die Liebe durch den Magen gehen. Kleine oder große Geschenke sollen zu Botschaftern für Liebe und Freundschaft werden. Alle Jahre wieder: Auch Sorgen, Ängste vor diesen Tagen, die Einsamkeit noch einsamer zu machen scheinen und Trauer noch heftiger. Wo Frieden verkündigt wird, drängt sich umso heftiger der Unfrieden auf der Erde auf.

Alle Jahre wieder: Freuen sich Christinnen und Christen und viele Menschen auf diese Festtage, auch wenn wir nicht selten mit unseren Vorsätzen scheitern, es solle mal ruhiger, bewusster, „entschleunigter“ zugehen.

 Alle Jahre wieder: Freuen sich Christinnen und Christen auf die Festtage.

Alle Jahre wieder: Freuen sich Christinnen und Christen auf die Festtage.

Foto: Friso Gentsch

Wie kaum eine andere Kirchenjahreszeit bringt die Weihnachtszeit zutage, wie wir mit unserer Zeit umgehen. Wir behandeln sie oft wie einen leeren Behälter, der gefüllt werden muss mit Aktivität und Dringlichkeiten und Plänen und Verantwortung. Wenige Menschen können Momente aushalten, in denen gerade mal nichts ist. Viele haben Angst vor Gefühlen und Gedanken, die dann hochkommen könnten, oder vor einer inneren Leere.

Aber es gibt Augenblicke, da steht die Zeit für Momente still. Oder besser: Da wird der Augenblick, die Gegenwart ganz groß. Das können schmerzliche Momente sein wie die tiefe Trauer um einen nahen Menschen. Oder glückliche, wenn ein Kind geboren wird und man von diesem Wunder überwältigt ist. Wenn man einen Augenblick großer Nähe und Liebe geschenkt bekommt. Das sind Augenblicke, wo das Erlebte größer und mächtiger ist als die laufenden Zeiger. Da sind wir selbst ganz erfüllt, schmerzlich oder glücklich — und nicht wir müssen die Zeit mit unserem Leben füllen.

Einen solchen Augenblick lässt uns die biblische Weihnachtsgeschichte miterleben. Da liegt ein Neugeborenes in der Krippe in Bethlehem — und hartgesottene Hirten, feingeistige weise Sterndeuter und die verwunderten Eltern Maria und Josef begreifen, dass auf einmal die große Ewigkeit Gottes ihr kleines menschliches Leben berührt. Da wird die Zeit ganz weit und der Horizont auch.

Unser Leben ist „Weihnachtszeit“. Zeit, in der Gott bei uns ankommen will. Unsere Zeit ist der Raum, in dem das Kind in der Krippe, der Mann am Kreuz, in dem Jesus Herberge in unserem Leben finden will. Wie damals, als er geboren wurde. Die Zeit wird zu einem Raum, in dem wir mit den eigenen Sorgen und Ängsten und mit der Überforderung durch die Probleme dieser Welt nicht allein sind. Da dürfen die Hoffnungen in den Himmel wachsen und der Mut stark werden, dass nichts bleiben muss, wie es ist. Weihnachtszeit ist Zeit, die Sinne zu schärfen für das, was Gott für uns tut und mit uns vorhat. Uns darauf vorzubereiten, alle Antennen danach auszurichten.

Auch in unserem Leben berührt seine große Ewigkeit unsere Zeit. Das kann auch bedeuten: Die Zeit einfach mal auszuhalten. Zuzulassen, was an Stimmen, Erinnerungen, Gefühlen und Gedanken kommt, wenn wir uns Augenblicke der Ruhe erlauben. Ihm die Sorgen und den Zorn über die Verhältnisse in unserer Welt auszuschütten und in die Hände zu legen. Es kann bedeuten, einmal intensiv wahrzunehmen, wer die anderen sind, was sie bewegt. Es bedeutet, Gott zuzutrauen, dass er in unsere begrenzte, kleine Zeit kommt und sie erfüllt. Wer das wagt, der wird erleben, wie lebendig wir in solchen Augenblicken werden können, spüren, mit Freude und Schmerz, dass wir leben. Unsere Zeit liegt nicht irgendwo als leerer Sack, den wir dringend füllen müssen, damit wir am Puls des Lebens sind oder ein sinnvolles Leben führen.

Unsere Zeit ist Herberge für Jesus selbst. Sie liegt in Gottes Händen.

In diesem Sinn wünschen wir Ihnen eine unverbesserliche Vorfreude und ein gesegnetes Weihnachtsfest!

Ilka Federschmidt und Bruno Kurth

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