Lesung in St. Tönis Mörderische Geschichten vom Altar

St. Tönis. · Roland Jankowsky glänzt mit einer unerhört amüsanten Lesung in St. Tönis.

Roland Jankowsky las zum ersten Mal in einer Kirche.

Roland Jankowsky las zum ersten Mal in einer Kirche.

Foto: Norbert Prümen

Jetzt beginnt seine Inseltour. Am Mittwoch ist Roland Jankowsky auf Langeoog, Donnerstag auf Norderney, Freitag auf Spiekeroog. Dann geht das Morden im Norden weiter. Ob der Wahl-Kölner in der frischen Nordseebrise noch an St. Tönis denkt?

Doch, doch! Diese Lesung am Niederrhein, in der anheimelnden, gastfreundlichen  evangelischen Christuskirche,  dürfte nachhallen. Schließlich hat Jankowsky bisher  noch nie in einer Kirche gelesen. Angesichts der Zusammenstellung seiner mörderisch-makabren Geschichten nicht weiter verwunderlich.

Zwei Auftragskiller
im Gotteshaus

Von einem Zusammentreffen zweier Auftragskiller, die sich gegenseitig um die ganz große Kohle nach dem Vorschuss bringen, weil jeder von beiden den zahlenden Hintermann des anderen längst gut verschnürt ins Jenseits befördert hat – von ihnen ausgerechnet und geradezu genüsslich in einem Gotteshaus zu erzählen, treibt die skurrilen, kriminellen Geschichten auf die Spitze. Das Flehen, „Jemand muss Frau Kimmel töten“, ausgestoßen im  Altarraum? Unerhört! Unerhört amüsant.

Jankowsky, der Profi. Seine Stimme und Körpersprache überlassen nichts dem Zufall. Er greift  souverän, aber nicht gelangweilt immer wieder Bösewichte verschiedener Autoren aus  Büchern ab, zieht ihre Geschichte an sich, als habe er genau dieselbe schon erlebt. Der Mann knipst bei seinen Zuhörern das Kopfkino an.

Und kaum einer denkt zwischen den Zeilen an Overbeck, seit elf Jahren Jankowskys Parade-Rolle in der Samstagabend-Krimi-Serie „Wilsberg“.  Sympathischerweise hat der Durchreisende aber sein Alter Ego dabei. Er lässt Overbeck für Sekunden durch einen Griff an die Brille, einen Blick, eine Münster-Nennung auf- und im nächsten Leseabsatz gleich wieder abtauchen.  Auf dieser Bühne braucht Jankowsky ihn nicht.

Er braucht Frauen wie Angelika Eßer (Krimi Kommunale 2) und Martina Kempff (Tatort Eifel 2), die wie im Vorbeifahren an dem Abend Intrigen und kaltblütige Phantasien aus Oberbayern und der Eifel beisteuern. Mord und Totschlag auf dem Land – die 155 Kirchenbank-Platzierten horchen aufmerksam, glucksen entsetzlich Komisches weg, belächeln Dialekte ebenso, wie sie sie hörend bestaunen. Dieser Jankowsky hat ihre ganze Aufmerksamkeit.

Mit einem Fräulein  vom Amt – Susi von der Meldestelle in Köln-Nippes – und dem tragischen Abgang ihrer Kollegin beendet Jankowsky das Programm. Seine Gäste hat er bestens unterhalten. Wandelbar, sympathisch, verschmitzt. Dafür hallt langanhaltender Applaus durch die Kirche.

Dabei wäre Jankowsky fast nicht gekommen. Eine Kollision mit einem anderen Fahrradfahrer am Nachmittag in Köln hatten ihm Kopfschmerzen und einen Cut im Gesicht beigebracht. Aber Jankowsky ist hart im Nehmen. Wie Overbeck. Den spielt er wieder am Samstag, 20.15 Uhr, im ZDF.

Aber Jankowsky auf diese Rolle zu reduzieren, diesen Fehler werden seine Zuhörer in St. Tönis nicht mehr machen. Was der 1968er kann, zeigt er bald auch wieder am Niederrhein.  Am 2. Oktober ist er in Willich, in Lepsy´s Bistro.

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